Die verschwundene Königspfalz von Haguenau

Auf den Spuren einer staufischen Wasserburg im Elsass

Es gibt 19 Orte mit dem Namen Hagenau: vierzehn in Deutschland, vier in Österreich und einen in Frankreich. Der Name, in dem der Begriff umhegen enthalten ist, bedeutet vom Fluss umgeben. Und genau das war die Pfalz im französischen Haguenau, die im 12. Jahrhundert von den Staufern errichtet wurde und von der so gut wie nichts mehr übriggeblieben ist.


    

Stele in der Rue de la Moder

Am 21. Oktober 2006 wurde nach Fiorentino (2000) und Hohenstaufen (2002) die dritte Stauferstele in der Rue de la Moder in Haguenau eingeweiht.


    

Lageplan der Pfalz

Die Pfalz befand sich auf einer von der Moder umflossenen Insel links und rechts der heutigen Rue du Château in dem gelb eingerahmten Gebiet. Im Innenhof des U-förmigen Maison de Retraite befindet sich seit September 2012 die Stauferstele (großes gelbes Kreuz). An der Straßenwand erinnert eine Steintafel an die Pfalz (kleines gelbes Kreuz). Ursprünglich stand die Stele in der Rue de la Moder, die auf dem heute zugeschütteten Flussbett verläuft, etwas rechts außerhalb des Bildrandes.


VON PETER KOBLANK (2013)

Haguenau (sprich: ag'no, deutsch: Hagenau, elsässisch: Hàwenàu) ist eine Stadt im Elsass. Sie liegt rund 25 Kilometer nördlich von Straßburg und etwa 50 Kilometer südwestlich von Karlsruhe an der Moder, einem aus den Vogesen kommenden Nebenfluss des Rheins. Haguenau hat heute über dreißigtausend Einwohner und ist Sitz namhafter Firmen wie Schaeffler France, SEW Usocome, Mars Chocolat France und Siemens.

Ursprünge der Stadt vor 1125

Die Stadt Haguenau und die frühere Königspfalz sind staufischen Ursprungs. Von der einstigen Lieblingspfalz der staufischen Kaiser ist allerdings heute nichts mehr zu sehen.

In einer lateinischen Urkunde, in der Friedrich I. Barbarossa Haguenau am 15. Juni 1164 das Stadtrecht verlieh, ist von der villa, que dicitur Hagenowe, a nostro quondam patre duce Frederico sub Henrico Romanorum imperatore fundata die Rede, also von dem Dorf, das Hagenowe heißt und das einst von Barbarossas Vater, dem Herzog Friedrich II. von Schwaben (der Einäugige), während der Regierungszeit von Kaiser Heinrich V. gegründet wurde. Da Heinrich V. im Jahr 1125 starb, kann dies spätestens 1125 geschehen sein.

Möglicherweise hat in Haguenau vorher schon eine kleine Burg existiert, die um 1030 von dem elsässischen Grafen Hugo IV. von Egisheim erbaut worden war. Einem Testament aus dem 15. Jahrhundert zu Folge soll dort eine Burgkapelle existiert haben, die von Papst Leo IX. geweiht worden sei. Dieser später heiliggesprochene deutsche Papst war Bruno von Egisheim, ein Sohn von Graf Hugo IV.

Teile des nördlichen Elsass mit seinem großen Wald- und Jagdgebiet namens Heiliger Forst (franz. Forêt de Haguenau), gehörten durch die Heirat von Friedrich von Büren mit Hildegard, der Tochter des Grafen Gerhard III. von Egisheim (ein Sohn des genannten Hugo IV.) als deren Mitgift bereits seit Mitte des 11. Jahrhunderts zum Kernland der Familie, die später Staufer genannt wurden.

Deren Sohn war der spätere Friedrich I. Herzog von Schwaben, der Agnes von Waiblingen, die Tochter von Kaiser Heinrich IV. heiratete und die namensgebende Burg auf dem Hohenstaufen erbaute. Die Mitgift von Agnes von Waiblingen brachte weitere Teile des Elsass in den Besitz der Staufer.

Die heutige Stadtpfarrkirche St. Georg (frz. Église Saint-Georges, Abbildung weiter unten) steht auf den Fundamenten eines Vorgängerbaus, den Friedrich II. im Jahre 1143 gestiftet hat. Diese Kirche deutet darauf hin, dass die Siedlung zu diesem Zeitpunkt bereits eine gewisse Größe erreicht haben muss. Zwanzig Jahre später verlieh Barbarossa, wie bereits gesagt, im Jahr 1164 Haguenau das Stadtrecht. Die ursprüngliche Kirche wurde um 1200 durch eine neue, flachgedeckte Säulenbasilika ersetzt, die von 1250 bis 1283 zu dem heute noch existierenden gotischen Bauwerk umgebaut wurde.

Pfalz in Form einer Wasserburg

Die Moder, die heute nördlich um die Innenstadt von Haguenau fließt und deren Name auf die gallische Flussgottheit Matrae zurückgeht, ging damals mitten durch das heutige Stadtzentrum von Haguenau. Der Fluss gabelte sich und bildete eine längliche Insel. An deren östlichem Ende erbaute Herzog Friedrich II. von Schwaben (der Einäugige) wahrscheinlich bereits um 1115, also ein paar Jahre vor Gründung des Dorfes, eine Burg. Diese basierte möglicherweise auf einem vorher schon von Graf Hugo IV. errichteten Vorgängerbau. Sein Sohn Friedrich Barbarossa erweiterte die Burg in den 1150-er Jahren zu einer repräsentativen romanischen Pfalz.

Barbarossa ließ eine Reihe von Pfalzen bauen, zu denen u.a. Kaiserslautern, Nürnberg, Gelnhausen und Eger gehörten. Während beispielsweise Nürnberg eine typische Höhenburg war, so war Haguenau eine Pfalz vom Typ Wasserburg.

Die Pfalz in Haguenau lag mit einer polygonen Fläche von etwa 100 mal 100 Metern dort, wo heute die Rue du Château verläuft, deren Name (château: Schloss; château fort: Burg) an die einstige Pfalz erinnert.

Der italienische Geschichtsschreiber und lateinische Dichter Gottfried von Viterbo († um 1191/92), Notar und Hofkaplan Barbarossas, beschrieb die Pfalz mit folgenden Worten:

Im Gebiet des Elsass am Fluss Moder, wo der Heilige Forst, weithin reich an Hirschen, liegt, steht vor aller Augen die Pfalz des Kaisers. Der türmegeschmückte Ort heißt Hagenau. Die Pfalz ist eine Pflanzung der Vorfahren, nun hat sie eine neue Gestalt erhalten und wird deshalb sehr geschätzt. Vom umgebenden Fluss sind ihre beiden Seiten befestigt. In goldglänzender Malerei ruft die üppige Vertäfelung des Gemachs alles Vergangene in Erinnerung und weist auf Künftiges, ein Bild zeichnet das Geschlecht aller Könige.

Das frühere Tor zur Pfalz im Süden der heutigen Rue du Château war baulich mit einer westlich angrenzenden Pfalzkapelle kombiniert, über die man auf Grund von Ausgrabungen gewisse Kenntnisse besitzt. Im Obergeschoss dieser Kapelle befand sich eine Schatzkammer, die auch zur Aufbewahrung der Reichskleinodien diente. Die archäologisch erforschten Fundamente dieser Kapelle sind heute mit dem Südflügel des Maison de Retraite überbaut.

Pfalzkapelle

Zweigeschossige Pfalzkapelle von Süden (Stich von van der Heyden 1622), von Nordosten (Kopie einer verschollenen Zeichnung von 1671 - also kurz vor der Zerstörung der Pfalz unter Ludwig XIV.), Rekonstruktion von Norden (Robert Will 1955). In dem auf Grund neuerer Erkenntnisse teilweise überholten Rekonstruktionsversuch sieht man die Schatzkammer (franz. Trésor).

Die Moder wird heute nördlich um die Innenstadt von Haguenau herumgeführt. Daher ist die Insel, auf der sich einst die Stauferpfalz befand, heute nicht mehr zu erkennen, wenngleich eine nordwestlich davon verlaufende Straße heute noch Rue de la Vieille Île (deutsch: Straße der alten Insel) heißt.

Früherer Verlauf der Moder

Die Moder floss früher mitten durch Haguenau von Westen nach Osten und bildete eine große Insel, auf der die Königspfalz stand. Der etwaige Verlauf ist in dem Satellitenfoto blau eingezeichnet. Die Rue de la Vieille Île (deutsch: Straße der alten Insel) und die Rue de la Moder (deutsch: Moderstraße) auf dem zugeschütteten Flussbett erinnern noch an die früheren Gegebenheiten. Heute fließt die Moder außerhalb dieser Karte nördlich um die Stadt in einem Flussbett, das bereits im Mittelalter außen um die Stadtmauer gegraben wurde. Allerdings verläuft ein kleiner Nebenarm der Moder immer noch unterirdisch kanalisiert quer durch Haguenau und tritt im Osten bei der Quai des Pêcheurs (deutsch: Fischerufer) auf den letzten paar hundert Metern im alten Flussbett der Moder ins Freie.

Pfalz und alte Militärkarte

Die Skizze links zeigt auf Grundlage von Untersuchungen von Robert Will, wie man sich die frühere Pfalz auf einer Fläche von rund elftausend Quadratmetern (1,1 ha) vorstellen kann. Sie hatte drei Türme (A), einen königlichen Palas (B), eine im Torbau integrierte Pfalzkapelle (C) und Bauten für die Ministerialen (D). – Rechts sieht man auf der über dreihundert Jahre alten Militärkarte von Peter Schenk, wie die Moder um 1700 sowohl mitten durch Haguenau, als auch außen um die Stadt floss. Bei der auf der Insel mit einem Kreuz eingezeichneten Kirche befindet sich Schenk im Irrtum, dort lagen allenfalls noch Reste der zu diesem Zeitpunkt bereits völlig abgetragenen Pfalzanlage.

Haguenau um 1150

Diese Zeichnung von Christophe Carmona aus dem Jahr 1994 zeigt Haguenau mit der in den 1150-er Jahren zur Pfalz ausgebauten Burg und der rund drei Jahrzehnte zuvor gegründeten Siedlung. Auf dieser Zeichnung befindet sich der Norden rechts, die Moder fließt von unten (Westen) nach oben (Osten) und bildet im Norden die Insel mit der Pfalz. Die Siedlung, die 1164 das Stadtrecht erhielt, war damals auf ein Gebiet im Süden der Pfalz beschränkt.

Haguenau um 1150

Um 1250 hat sich die Stadt bereits vollständig um die Pfalz herum ausgebreitet, wie auf dieser Zeichnung von Christophe Carmona zu sehen ist. Fünfzig Jahre später erreichte sie die Ausmaße der heutigen Innenstadt Haguenaus. Die Moder muss für die hier abgebildeten zahlreichen Wasserarme auf intelligente Art aufgestaut worden sein, hat aber vielleicht im Mittelalter auch mehr Wasser geführt, als heute. Mehr Informationen.

Bedeutung der Pfalz in Haguenau

Der Begriff Pfalz ist von einem der sieben Hügel Roms abgeleitet: vom Palatin, auf dem seit Augustus die römischen Kaiser residierten. Aus dem lateinischen palatium wurde im Deutschen pfalzina und in den romanischen Sprachen palazzo/palais, was später im Deutschen als Palast adaptiert wurde. Die Aufgabe einer mittelalterlichen Pfalz bestand darin, ein temporärer Aufenthaltsort für den deutschen König bzw. Kaiser zu sein, der ja keine Hauptstadt hatte, sondern herumreisend regierte.

Zählt man die Aufenthalte der staufischen Könige und Kaiser in den verschiedenen Pfalzen zusammen, so hält ausgerechnet die Pfalz von Haguenau, von der nichts mehr übrig geblieben ist, den Rekord: Genau achtzig Aufenthalte sind nachgewiesen, also deutlich mehr, als beispielsweise in Nürnberg, Frankfurt, Worms oder Speyer.

Kaiser Friedrich I. Barbarossa († 1190) hat sich zwischen 1153 und 1189 neun Mal in Haguenau, das zum Mittelpunkt des Elsasses geworden war, aufgehalten. Das letzte Mal war 1189, als er nach der Osterfeier 1189 von hier aus zum Dritten Kreuzzug aufbrach, bei dem er ein Jahr später ums Leben kam.

Kaiser Heinrich VI. († 1197), Sohn Barbarossas, war in seiner kurzen Regierungszeit acht Mal in Haguenau. Hier hielt er auch über den englischen König Richard Löwenherz 1193 Gericht, der danach bis zur Zahlung eines enormen Lösegelds in der Pfalz auf dem Trifels gefangengehalten wurde.

    

Reichskrone

Reichskrone (Schatzkammer der Hofburg Wien). Ihre achteckige Form wird von den Stauferstelen aufgegriffen.


Philipp von Schwaben († 1208) berief Weihnachten 1197 eine Versammlung in Hagenau ein. Nachdem sein Bruder Heinrich VI. überraschend verstorben war, wollte er die Krone für seinen Neffen, den späteren Friedrich II., erhalten. Er wurde von einem Teil der Reichsfürsten zum König erhoben, ein anderer Teil entschied sich jedoch für den Welfen Otto IV. als Gegenkönig. Einige Jahre später beriet Philipp in Haguenau 1201 mit seinem Schwager Alexios über Möglichkeiten, diesen an Stelle seines Onkels Alexios III. als Kaiser von Byzanz an die Macht zu bringen. Insgesamt war Philipp sieben Mal in Haguenau.

Kaiser Otto IV. († 1218), der welfische Gegenspieler Philipps von Schwaben, war zwei Mal in Haguenau und hielt hier 1208 eine Reichsversammlung ab.

Kaiser Friedrich II. († 1250), der letzte Stauferkaiser, war bereits während seines ersten Deutschlandaufenthalts zwischen 1212 und 1220 mehrmals in Haguenau. Insgesamt waren es 23 Aufenthalte, darunter zwei Hoftage. Von ihm stammen die Worte aus dem Jahr 1237, dass ihm das Elsass unter all seinen Erblanden das liebste sei.

König Heinrich (VII.) († 1242), ein Sohn Friedrichs II., war ebenfalls 23 Mal in Haguenau.

König Konrad IV. († 1254), ein weiterer Sohn Friedrichs II., war zehn Mal in Haguenau.

Die Schatzkammer der bereits erwähnten Pfalzkapelle diente u.a. auch zur Aufbewahrung der Reichskleinodien, zu denen Reichskrone, Heilige Lanze, Reichsschwert und Reichsapfel gehörten. Es kann sein, dass sie ab 1153, sofern sie nicht gerade bei einer Krönung oder einem anderen repräsentativen Anlass verwendet wurden, in Haguenau eingelagert waren, es gibt dafür jedoch keine hinreichenden Beweise. Mit Sicherheit wurden sie aber zumindest während einiger Kaiseraufenthalte in der Haguenauer Pfalzkapelle verwahrt. 1208 kamen sie auf die Burg Trifels, wo sie auch schon zuvor nach dem Tode von Heinrich V. im Jahr 1125 eine Zeitlang aufbewahrt worden waren. Heute sind sie in der Schatzkammer der Hofburg Wien zu besichtigen.

Das weitere Schicksal der Pfalz

Um 1260, also kurz nach Ende der Stauferzeit, wurde Haguenau eine freie Reichsstadt. Ab 1648, dem Ende des Dreißigjährigen Krieges, gehörte das Elsass einschließlich Haguenau gemäß den Bestimmungen des Westfälischen Friedens zu Frankreich.

1687 wurde die Königspfalz auf Befehl des französischen Königs Ludwig XIV. vollständig abgerissen und als Baumaterial für die 25 Kilometer entfernte Vaubansche Grenzfestung Fort-Louis am Rhein verwendet.

Auch Fort-Louis ist inzwischen eine Ruine. Romanische Steinfragmente der früheren Pfalz, die man dort gefunden hat, sind von hoher künstlerischer Qualität und stehen stilistisch der Bauornamentik der Pfalz Gelnhausen nahe. Sie werden heute im Historischen Museum von Haguenau verwahrt.

Steinfries mit pflanzlichen Motiven von der ehemaligen Pfalzkapelle (um 1180). Mehr Informationen

Ruinen der Pfalz Gelnhausen

Die Ruinen von Gelnhausen vermitteln noch heute eine gewisse Vorstellung von der ehemaligen Stauferpfalz. Der Bau dieser Wasserburg zwischen den Flussarmen der Kinzig geht ebenfalls auf Barbarossa zurück.

An der Stelle der vollkommen zerstörten Pfalzanlage entstand ab 1730 ein Jesuitenkolleg, das 1767 in eine Kaserne umgewandelt wurde. Der nüchterne Barockbau dient seit 1961 als Maison de Retraite (Seniorenheim).

Maison de Retraite und Église Saint-Georges

Barockes Maison de Retraite aus westlicher Richtung. Romanische Église Saint-Georges aus dem 12. Jahrhundert mit späterem gotischem Chor aus östlicher Richtung.

Stauferstele

Im Innenhof dieses Maison de Retraite in der Rue du Chauteau 1 steht seit September 2012 eine Stauferstele. Ursprünglich war sie am 21. Oktober 2006 etwa hundert Meter entfernt in der Rue de la Moder 4b eingeweiht worden. Da sie dort sechs Jahre später neuen verkehrspolitischen Plänen im Weg stand, wurde sie kurzerhand - ohne die Stifter oder den Bildhauer zu fragen - in ihre Einzelteile zerlegt und an der schöneren und authentischeren Stelle innerhalb des ehemaligen Geländes der Pfalz, die sich die Stifter eigentlich von Anfang an gewünscht hatten, neu aufgebaut.

Stele im Maison de Retraite

Die Stauferstele wurde im September 2012 in den Innenhof des Maison de Retraite in der Rue du Chauteau 1 versetzt.

Die Stele ist wie alle anderen Stauferstelen einschließlich Sockel 2,75 Meter hoch und wiegt 4,5 Tonnen. Im Gegensatz zu den anderen besteht sie aber nicht aus weißem Jura-Travertin, sondern aus regionalen Gründen aus rötlichem Vogesensandstein, der aus einem Steinbruch in Rothbach fünfundzwanzig Kilometer nordwestlich von Haguenau kommt. Sie hat folgende Gravuren:

Skizze der Stele


   Adler

Reichsadler: Wappen des römisch-deutschen Kaisers zur Zeit der Staufer. Heute als Bundesadler auf der Standarte des deutschen Bundespräsidenten (Bild).
HAGENOWE
VILLA QUE DICITUR HAGENOWE A NOSTRO QUONDAM PATRE DUCE FREDERICO FUNDATA
FREDERICUS PRIMUS ROMANORUM IMPERATUR DUX SUEVIAE ET ALSATIAE † 1190
Dies ist der bereits erwähnte lateinische Text aus der Stadtrechtsurkunde Barbarossas vom 15. Juni 1164: Das Dorf, das Haguenau genannt wird und einst von unserem Vater Herzog Friedrich gegründet wurde. Darunter wird Barbarossa genannt: Friedrich I. Römischer Kaiser und Herzog von Schwaben und Elsass, gestorben 1190.

   Löwen

Stauferlöwen: Wappen des staufischen Herzogtums Schwaben. Heute im Wappen von Baden-Württemberg (Bild).
ALSATIA INTER ALIA PATRIMONIALIA CARIOREM
FREDERICUS SECUNDUS ROMANORUM IMPERATOR DUX SUEVIAE ET ALSATIAE † 1250
Diese lateinischen Worte (orig.: Alsatiam tamen, a vice hereditatis nostre funiculum quem inter alia jura nostra patrimonialia cariorem habemus) aus dem Jahr 1237 stammen von Friedrich II., dem Enkel Barbarossas. Sie bedeuten, dass das Elsass ihm von allen anderen Erbgütern das liebste sei. Darunter: Friedrich II. Römischer Kaiser und Herzog von Schwaben und Elsass, gestorben 1250.

      

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Burg: Siegel von Haguenau aus dem 13. Jahrhundert mit einer Burg mit drei Türmen und einem Adler auf dem mittleren Turm.
HAGENAU
1143 STIFTUNG DER KIRCHE ST. GEORG DURCH STAUFERHERZOG FRIEDRICH DEN EINÄUGIGEN
1164 STADTRECHT DURCH KAISER FRIEDRICH BARBAROSSA
VON KAISER FRIEDRICH II. 1212-1220 ZUR LIEBLINGSPFALZ ERKOREN
Die Stiftung der Kirche ist aus einer Urkunde des Stauferkönigs Konrad III. vom 10. Juli 1143 bekannt, der zufolge noster Fridericus Sueuorum et Alsaciorum dux in predio suo Hagenowe dicto matricem ecclesiam edificare disponeret, also sein Bruder Friedrich, Herzog von Schwaben und Elsass, in Haguenau den Bau einer Kirche anordnete. Die Stadtrechtrechtsurkunde von 1164 wurde bereits erwähnt. Das Attribut der Lieblingspfalz ergibt sich aus den zahlreichen Aufenthalten Friedrichs II. auch schon während seines ersten Deutschlandaufenthalts von 1212 bis 1220 in Verbindung mit seiner späteren Aussage, das Elsass sei ihm sein liebstes Erbgut.

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Fingerkrautblüte: Wappen von Haguenau.
HAGUENAU
1143 FONDATION DE L'EGLISE SAINT GEORGES PAR LE DUC FREDERIC LE MONOCULAIRE
1164 CHARTE DE LIBERTE PAR L'EMPEREUR FREDERIC BARBEROUSSE
1212-1220 CHATEAU IMPERIAL FAVORI DE L'EMPEREUR FREDERIC II.
Dies ist die französische Übersetzung der zuvor genannten Inschrift.

Auf der Grundplatte ist auf zwei gegenüberliegenden Seiten eingemeißelt:
FIORENTINO 2000     HOHENSTAUFEN 2002     HAGUENAU 2006
Dies erinnert daran, dass es die dritte Stauferstele nach Fiorentino (Italien) und dem Hohenstaufen (Deutschland) ist.
HELDELE DEDIT     WOLF FECIT
Dies erinnert an das Stifterpaar Renate und Adolf Heldele aus Salach (dedit: gab) und an den Bildhauer Markus Wolf (fecit: machte).

Gedenktafel

Wesentlich älter als die aus Deutschland gestiftete Stauferstele ist eine von den Franzosen an der Straßenseite des südlichen Flügels des Maison de Retraite in der Rue du Château 1 angebrachte steinerne Gedenktafel zur Erinnerung an die ehemalige Pfalzkapelle. Die Texte lauten (mit deutscher Übersetzung):

   

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Gedenktafel in der Rue du Château 1. Größeres Bild


RUE du CHATEAU
Schlossstraße

ANCIEN CHÂTEAU IMPÉRIAL
Altes Kaiserschloss

ICI S'ELEVAIT LA CHAPELLE PALATINE
Hier erhob sich die Pfalzkapelle
BERCEAU DE LA VILLE DE HAGUENAU
Wiege der Stadt Haguenau
CONSACREE PAR ST LEON IX VERS 1035
geweiht durch den Hl. Leon IX. gegen 1035
AGRANDIE PAR FREDERIC BARBEROUSSE
vergrößert durch Friedrich Barbarossa
VERS 1170 - 1184
gegen 1170 bis 1184
DEMOLIE EN 1687
zerstört 1687

Mit dem Hl. Leon ist der bereits erwähnte Bruno von Egisheim (1002-1054) gemeint, der 1026 Bischof von Toul wurde und 1049 als Papst den Namen Leo IX. annahm. Er gilt als der bedeutendste mittelalterliche Papst deutscher Abstammung und ist der einzige deutsche Papst, der heiliggesprochen wurde. Ob diese Pfalzkapelle bereits zu seiner Zeit existierte, ob und wann der spätere Leo IX. sie geweiht hat, ist nicht erwiesen. In dem erwähnten Testament aus dem 15. Jahrhundert steht lediglich: uff den altar, den do bobest Leo gewihet hat, sol derselbe cappelan messe haben.

1687 wurde die Pfalz unter Ludwig XIV. abgerissen, um die Steine zum Bau der Festung Fort-Louis zu verwenden.

Fort-Louis

   

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Fort-Louis um 1700. Auf dieser Militärkarte von Peter Schenk ist der Norden links. Der Rhein fließt von rechts (Süden) nach links oben (Nordosten). Oben liegt die rechtsrheinische Markgrafschaft Baden, unten das linksreinische französische Elsass. Mehr Informationen


Fort-Louis wurde ab 1687 innerhalb von zehn Jahren auf Befehl Ludwigs XIV. vom General und Festungsbaumeister Sébastien Le Prestre de Vauban gebaut. Die Festungsanlage bestand aus vier Teilen. Das Hauptbauwerk, das Fort Carré, lag auf einer Insel, die der Rhein, der damals weiter westlich verlief, bildete.

Es wurde von zwei Außenwerken am jeweils gegenüberliegenden rechten und linken Rheinufer flankiert: Das Fort d'Alsace im Westen und das Fort du Marquisat im Osten.

Im Süden der Insel lag die königliche Stadt Fort-Louis, die von Handwerkern und Händlern bewohnt war, um die Unterhaltung und Versorgung der Festung sicherzustellen. Sie ist der Ursprung des heutigen Dorfes Fort-Louis.

Die Ruinen der Festung liegen heute an einer strategisch sinnlos erscheinenden Stelle an der von Haguenau kommenden Moder in mehr als einem Kilometer Entfernung vom Rhein. Dies liegt daran, dass der Rhein im 19. Jahrhundert reguliert wurde und heute etwa einen Kilometer weiter südöstlich verläuft, als zur Zeit von Ludwig XIV.

Auf dem rechten, östlichen Ufer lag die Markgrafschaft (franz.: Marquisat) Baden. Auf dieser deutschem Rheinseite errichteten die Franzosen damals selbstherrlich das Fort du Marquisat. Diese exterritoriale Anlage musste allerdings beim Frieden von Rijswijk 1697, mit dem der Pfälzische Erbfolgekrieg endete, vorübergehend aufgegeben werden. Sie wurde 1714 nach dem Rastatter Frieden, der den Spanischen Erbfolgekrieg beendete, endgültig geschleift.

Das Fort Carré und das Fort d'Alsace wurden im Zusammenhang mit der Französischen Revolution im Ersten Koalitionskrieg von österreichischen Truppen zerstört. Die Österreicher nahmen die Festung am 13. November 1793 nach einer nur 9-tägigen Belagerung ein. Im Januar 1794 zerstörten sie die Befestigungen, sprengten die Munitionslager und brannten die Brücken nieder. Nach dem Untergang Napoleons wurden 1815 die Reste der Festung geschleift.

Ruine des Fort Carré

Eingang zum Fort Carré - eine der wenigen Stellen, an denen noch einigermaßen imposante Überbleibsel zu sehen sind. In den Festungsbauten von Fort-Louis sind Steine der zu diesem Zweck abgerissenen Stauferpfalz verbaut worden.

Das Fort Carré befand sich auf einer Insel des damals noch unregulierten Rheins, die es heute in dieser Form nicht mehr gibt. Das Fort d'Alsace lag am linken, französischen Rheinufer des westlichen Rheinarms, in dessen damaligem Bett heute die Moder fließt. Vom Fort Carré und vom Fort d'Alsace existieren heute noch Ruinen mit entsprechenden Hinweistafeln (auch in deutscher Sprache). Der rechte Rheinarm existiert heute nicht mehr und vom Fort du Marquisat ist nichts mehr zu sehen.

Fort-Louis 1700 und heute

Auf der linken Karte aus dem 18. Jahrhundert sieht man noch den ursprünglichen Verlauf des Rheins, der bei Fort-Louis eine Insel bildete. Von dem zu diesem Zeitpunkt bereits abgerissenen rechtsrheinischen Fort du Marquisat ist dort nichts mehr zu sehen. Die rechte Karte zeigt den heutigen Verlauf des inzwischen regulierten Rheins, der jetzt über einen Kilometer von Fort-Louis entfernt verläuft. Mehr Informationen

Während man in Haguenau von der Moderinsel, auf der im 12. Jahrhundert die Stauferpfalz errichtet wurde, inzwischen nichts mehr erkennen kann, lassen sich die Umrisse der früheren Rheininsel von Fort-Louis immer noch erahnen.

Die Ruinen von Fort-Louis erinnern an die mächtige Festung, die hier im 17. Jahrhundert unter Mitverwendung der Überreste der Stauferpfalz errichtet und hundert Jahre später ihrerseits zerstört wurde. Steine in Fort-Louis und einige handwerklich bedeutendere Fragmente, die von dort ins Haguenauer Museum gerettet wurden, sind das einzig Greifbare, was von dem romanischen Profanbau der Staufer übriggeblieben ist.

Weitere Informationen über die Stadtentwicklung von Haguenau
Weitere Informationen über das frühere Siegel von Haguenau
Weitere Informationen über Reste der Pfalz im Historischen Museum von Haguenau
Weitere Informationen über Fort-Louis
Der Steinbruch von Rothbach


Quellen:

  • Manfred Akermann: Die Staufer. Ein europäisches Herrschergeschlecht, Stuttgart 2003.
  • Manfred Akermann: Burgen und Pfalzen der Staufer. Ein Ausflugsführer, Stuttgart 2010.
  • Heinrich Appelt (Hrsg.): Die Urkunden Friedrichs I. 1158-1167, Hannover 1979.
  • Hans-Wolfgang Bächle: Die Hohenstaufen (I): Herkunft, Aufstieg, imperiale Idee. Heiratspolitik in Deutschland und Europa. Burgen und Städte in Schwaben und Franken, Schwäbisch Gmünd 2007.
  • Thomas Biller: Die Pfalzkapelle zu Hagenau. Neue Überlegungen zu ihrer Rekonstruktion. In: Chateau forts d'Alsace, 10 (2009).
  • Knut Görich: Friedrich Barbarossa. Eine Biographie, München 2011.
  • Karlheinz Hegele: Die Staufer und Byzanz. Rivalität und Gemeinsamkeit im Europa des Hochmittelalters, Schwäbisch Gmünd 2009.
  • Nina Rowe: Idealization ans Subjection at Strasbourg Cathedral. In: Mitchell Merback (Hrsg.): Beyond the Yellow Badge. Anti-Judaism and Antisemitism in Medieval and Early Modern Visual Culture, Leiden 2007.
  • Württembergisches Landesmuseum (Hrsg.): Die Zeit der Staufer. Band IV Karten und Stammtafeln, Stuttgart 1977.
  • Daniel Ziemann: Die Staufer - ein elsässisches Adelsgeschlecht? In: Hubertus Seibert, Jürgen Dendorfer, (Hrsg.): Grafen, Herzöge, Könige. Der Aufstieg der frühen Staufer und das Reich (1079-1152), Ostfildern 2005.
  • Thomas Zotz: Die mittelalterliche Königspfalz. Erscheinungsformen und Funktionen. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hrsg.): Staufische Pfalzen, Göppingen 1994.


Stauferstele Haguenau