Stauferwappen

Das Wappen von Baden-Württemberg mit den drei Löwen geht auf die Staufer zurück

Das Bundesland Baden-Württemberg wurde sieben Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs durch die Fusion der Länder Württemberg-Baden, Baden und Württemberg-Hohenzollern gegründet. Erst zwei Jahre später konnte man sich am 3. Mai 1954 auf ein Wappen einigen: Drei schreitende schwarze Löwen mit roten Zungen in einem goldenen Schild.


VON PETER KOBLANK (2016)

Der im Artikel 1 des Gesetzes über die vorläufige Ausübung der Staatsgewalt im südwestdeutschen Bundesland vom 15. Mai 1952 genannte Name Baden-Württemberg war zunächst nur als Provisorium vorgesehen. Die endgültige Bezeichnung sollte in der Verfassung bestimmt werden.

Allerdings fanden Alternativen wie Schwaben, Rheinschwaben oder Südweststaat keinen Anklang bei der Mehrheit. So blieb es in der Verfassung des Landes Baden-Württemberg vom 11. November 1953 bei dem Bindestrich-Namen.

Karikatur in der Stuttgarter Zeitung vom 28. Oktober 1953 zur Enttäuschung über die Ablehnung des Namens Schwaben in der Verfassungsgebenden Landesversammlung. Der Grafiker, Maler und Karikaturist Fritz Meinhard (1910-1997), der seit 1948 unter dem Signum Fischle als Karikaturist für die Stuttgarter Zeitung arbeitete, hat hier bereits das Landeswappen, das später von ihm gestaltet wurde, abgebildet.

Beim neuen Landeswappen, das am 28. April 1954 vom Landtag im Gesetz über das Wappen des Landes Baden-Württemberg beschlossen wurde, sind nicht einfach die beiden Wappen von Baden (roter Schrägbalken) und Württemberg (Hirschstangen) kombiniert wurden. Es ist ein modernes Konstrukt, das auf jahrhundertealte Traditionen zurückgreift, und knüpft an das im 13. Jahrhundert mit den Staufern untergegangene Herzogtum Schwaben an, das drei Löwen im Wappen führte.

Das goldene Schild zeigt drei schreitende schwarze Löwen mit roten Zungen. Schildhalter des großen Landeswappens von Baden-Württemberg sind der württembergische Hirsch (links) und der badische Greif (rechts). Die kleinen Wappen über dem Schild sind v.l.n.r.: Franken, Hohenzollern, Baden, Württemberg, Kurpfalz und Österreich. Das Postament zeigt die Landesfarben Schwarz-Gold. Gestaltung: Fritz Meinhard.


Das kleine Landeswappen ist mit einer Blattkrone verziert.

Heraldiker (Wappenkundler) würden übrigens behaupten, dass der Hirsch rechts und der Greif links steht. Diese Betrachtungsweise stammt aus der Zeit, als die Schilder im Kampf oder Turnier verwendet wurden. Links und rechts beziehen sich aus heraldischer Sicht auf die Perspektive des Trägers des Schilds hinter diesem und nicht auf den Betrachter vor diesem.

Bei den sechs kleinen Wappen in der Krone sind die mittleren von Baden (in Gold ein roter Schrägbalken) und Württemberg (in Gold drei schwarze Hirschstangen) etwas größer. Das Wappen von Franken (fränkischer Rechen) steht für das ehemalige Herzogtum Ostfranken, zu dem Gebiete im Nordosten des Landes gehörten. Das Wappen von Hohenzollern (Vierung mit Silber und Schwarz) erinnert an die hohenzollerischen Lande, die von 1849 bis 1945 eine preußische Enklave in Württemberg waren. Zur Kurpfalz (in Schwarz ein goldener Löwe) gehörte früher der Nordwesten rund um Heidelberg und Mannheim. Das Wappen von Österreich (rot-weiß-rotes Bindenschild) erinnert an die Gebiete am Oberrhein und in Oberschwaben, die unter der Bezeichnung Vorderösterreich zu Habsburg gehörten.

Während in der Wappenkrone die württembergischen Hirschstangen an der nach der Heraldik weniger vornehmen Stelle (heraldisch links) neben dem badischen Wappen mit dem roten Schrägbalken steht, befindet sich zum Ausgleich der Hirsch als württembergischer Schildhalter auf der vornehmeren Seite (heraldisch rechts) dem badischen Greifen gegenüber. Die Schildhalter sind gold-silbern gesprenkelt, da der württembergische Hirsch golden und der Greif, der im alten badischen Wappen den Kopf nach außen drehte, silbern war.

Baden + Württemberg = Baden-Württemberg. Dies wäre eine Alternative zu den Stauferlöwen gewesen und war bereits im Wappen von Württemberg-Baden (1945-1952) realisiert worden.

Mit diesem Wissen ausgestattet werfen wir einen Blick zurück auf das Wappen von Württemberg-Baden (1945-1952), das zusammen mit Baden und Württemberg-Hohenzollern in Baden-Württemberg aufging. Dort ist in einer Vierung jeder der beiden Partner – Baden mit dem Schrägbalken und Württemberg mit den Hirschstangen – in perfektem heraldischen Gleichgewicht einmal rechts und einmal links positioniert. Dies wäre auch eine Möglichkeit für das Landeswappen von Baden-Württemberg gewesen, die sich aber nicht durchsetzte.

1220 – Drei Löwen auf dem Reitersiegel von Heinrich (VII.)

Die drei Löwen im Wappen des Landes Baden-Württemberg gehen auf das Wappen der Staufer, die von 1079 bis 1268 Herzöge von Schwaben waren, zurück. Erst Mitte des 12. Jahrhunderts kamen hierzulande Siegel und Wappen in Mode.

Siegel von Herzog Friedrich VI. von Schwaben mit aufsteigendem Löwen (1188). Das in den Monumenta Boica abgebildete Siegel ging nach 1847 verloren.


Siegel von Herzog Philipp von Schwaben mit drei undeutlich erkennbaren Löwen (1197).

Herzog Friedrich VI. von Schwaben, der drittälteste Sohn Kaiser Friedrichs I. Barbarossa, der ebenso wie sein Vater auf dem dritten Kreuzzug umkam, führte seit 1181 ein Siegel mit einem steigenden Löwen im Schild.

Auf einem Siegel seines jüngeren Bruders, des späteren Königs Philipp von Schwaben, an einer auf 1197 datierten gefälschten Urkunde sind undeutlich drei Löwen übereinander zu erkennen. Ob das stark beschädigte Siegel echt ist, ist schwer zu beurteilen, zumal es das einzige erhaltene Herzogssiegel Phlipps ist.

Zu Anfang der heraldischen Zeit führten manche Dienstmannen die Wappen ihrer Herren, was es ermöglicht, von Ministerialenwappen auf die ihrer Herren zu schließen. So auch in diesem Fall, wo einige staufische Ministerialen (Herren von Staufen, von Staufeneck, von Rechberg und von Waldburg) einen, zwei oder drei Löwen im Wappen führten. Von den staufischen Herzögen selbst sind nur siebzehn Siegel erhalten.

Über die Gründe der Änderung von einem auf drei Löwen kann man nur spekulieren. Drei Löwen führten auch die englischen und dänischen Könige. Vielleicht sollte die Vermehrung der Figuren das Ansehen steigern, möglicherweise hatte die Zahl Drei eine symbolische Bedeutung.

Das älteste gut erhaltene Drei-Löwen-Wappen findet sich auf einem Siegel an einer Urkunde von Herzog Heinrich von Schwaben aus dem Jahr 1220. In dieser Urkunde bestätigte der damals neunjährige Heinrich als dux Swevorum et rector Burgundie (dt.: Herzog von Schwaben und Rektor von Burgund) dem im Jahre 1212 gegründeten Zisterzienserinnenkloster Wald den Inhalt einer Urkunde, die sein Vater Friedrich II. im Jahre 1216 für das Kloster ausgestellt hatte.

Das Kloster Wald (auf dem linken Foto der Chor der Klosterkirche St. Bernhard, links davon der Ostflügel des Klosters) liegt zwanzig Kilometer südlich von Sigmaringen und ist heute ein Benediktinerinnenkloster mit Mädcheninternat, Gymnasium und Lehrwerkstätten. Die mittelalterliche Anlage wurde zwischen 1696 und 1727 im Stil des Barock umgebaut. An die Gründungszeit erinnern der im Westen des Langhauses der Klosterkirche eingebaute Turmsockel der 1249 geweihten Vorgängerkirche, einer dreischiffigen romanischen Basilika, außerdem innerhalb des Klosters die Reste des Kreuzgangs sowie ein 1980 bei Renovierungsarbeiten im Ostflügel entdeckter Kapitelsaal (beide nicht öffentlich zugänglich). Im Oberteil des Hochaltars ist ein romanisches Kruzifix aus dem 12. Jahrhundert zu sehen (rechtes Foto). Dieses Kreuz wurde im 13. Jahrhundert beim Bau der romanischen Basilika von einem noch älteren Vorgängerbau und im 17. Jahrhundert in die heutige Barockkirche übernommen.

Das Siegel von Herzog Heinrich von Schwaben aus dem Jahr 1220 hat einen Durchmesser von sieben Zentimetern und ist hier vergrößert dargestellt. Foto: landesarchiv-bw.de

Die Urkunde von Herzog Heinrich für das Kloster Wald ist zwar auf das Jahr 1216 datiert, muss aber jüngeren Datums sein: Heinrich wurde erst, nachdem die Zähringer 1218 ausstarben, mit dem Rektorat von Burgund belehnt und führte diesen Titel ab 1220. Die Urkunde wird heute im Staatsarchiv Sigmaringen aufbewahrt.

Es ist ein sogenanntes Reitersiegel mit einem Ritter mit Helm und Kettenhemd auf einem galoppierenden Pferd. Auf dem Schild, den er an seinem linken Arm trägt, und auf der dreilatzigen Speerfahne in seiner Rechten sind drei Löwen abgebildet. Die lateinische Umschrift lautet HENRICUS DEI GRATIA DUX SWEVIE (dt.: Heinrich von Gottes Gnade Herzog von Schwaben).

Der untere Löwe schaut wie die Löwen auf dem Siegel den Betrachter an und ist aus heraldischer Sicht ein Leopard.

Im Unterschied zu späteren Darstellungen schauen die schreitenden Löwen auf diesem Siegel nicht geradeaus, sondern den Betrachter an. Wappenkundler sprechen in diesem Fall von Leoparden. Der heraldische Leopard unterscheidet sich stark vom realen Leoparden (Panthera pardus). Er hat keine Flecken und meist eine Mähne, ähnelt daher einem Löwen (Panthera leo) und wird außerhalb der Fachwelt auch so bezeichnet.

Herzog Heinrich von Schwaben, von dem vier weitere derartige Reitersiegel überliefert sind, ging später als König Heinrich (VII.) in die Geschichte ein.

1254 – Überlieferung der Farben durch die Bigot-Wappenrolle

In der 1254 verfassten französischen Bigot-Wappenrolle erfährt man von den drei Löwen und den Farben gold und schwarz im schwäbischen Herzogswappen, allerdings mit einigen Irrtümern. Im Dialekt der Picardie im Norden von Paris zum Le Duc de Souve (dt.: Herzog von Schwaben) heißt es:

Nicht ganz richtig: Drei goldene aufsteigende Löwen auf schwarz.

L'escu noir a iij lions d'or rampans, alemans.

Das schwarze Schild hat drei goldene aufsteigende Löwen, deutsche.

Die drei Löwen werden irrtümlich als aufsteigend (rampans, fr.: rampant, wörtlich: kriechend) und nicht schreitend (passans, fr.: passant, wörtlich: vorbeigehend) beschrieben. Denn schreitende Löwen wie die im Wappen des Herzogs von Schwaben werden in der Bigot-Wappenrolle sonst immer als liepars passans (dt.: schreitende Leoparden) bezeichnet, wenn sie den Betrachter anschauen, oder als lions passans (dt.: schreitende Löwen), wenn sie geradeaus schauen – wie es bis heute in der Wappenkunde üblich ist.

Der Autor der Bigot-Wappenrolle war aber auch, was die Farben angeht, nicht ganz richtig informiert. Denn in Wirklichkeit waren genau umgekehrt die Löwen schwarz und das Schild golden. Insgesamt zutreffend wäre also im picardischen Dialekt gewesen: L'escu d'or a iij liepars noirs passans, alemans.

Le rôle d'armes Bigot, benannt nach einer ehemaligen Bibliothek der Familie Bigot in Rouen, entstand vermutlich 1254 in der Picardie und enthält 302 Wappen, der Herzog von Schwaben erscheint an 127. Stelle. Das Original dieses wahrscheinlich ältesten Wappenbuchs Frankreichs ist verschollen, eine Abschrift des 17. Jahrhunderts liegt in der Bibliothèque Nationale in Paris.

1264 – Überlieferung der Farben durch Konrad von Mure

Richtig: Drei schwarze den Betrachter ansehende schreitende Löwen ("Leoparden") auf gelb bzw. gold.

In dem um 1264 geschriebenen lateinischen Gedicht Clipearius Teutonicorum (dt.: Wappenschild der Deutschen) von Konrad von Mure, der allerdings nur einen Löwen im Genitiv Singular nennt, sind die Farben so überliefert, wie sie wohl tatsächlich verwendet wurden:

Suevorum ducis est gilvus color hunc ita ponis
Ut super hunc nigri pingatur forma leonis.

Des Herzogs der Schwaben Farbe ist gelb, male sie so,
dass sich darauf die schwarze Gestalt des Löwen gut abhebt.

Konrad von Mure (1210-1281) war Chorherr und Leiter der Stiftsschule am Grossmünster von Zürich und Verfasser von lateinischen Lehrgedichten. In diesem Gedicht beschreibt Konrad über siebzig Wappen. Sie sind nach dem Rang ihrer Träger geordnet und beginnen mit dem des römisch-deutschen Königs, gefolgt von weiteren europäischen Königen. Bereits auf Platz fünfzehn erscheint der Herzog von Schwaben.

Die älteste Quelle mit den von Konrad von Mure überlieferten Farben könnte ein beschädigt überliefertes Wandbild in der Sechseckkapelle auf der Comburg von etwa 1226 sein, das vermutlich Heinrich (VII.) und seine Frau darstellt und bei einem Wappen auf drei schwarze Löwen auf gelbem Grund schließen lässt.

Romanische Sechseckkapelle auf der Comburg (um 1226). Im nicht mehr sehr gut erhaltenen Stifterbild mit dem gemalten Kruzifix über dem Altar, das Heinrich (VII.) und seine Frau Margarete darstellen könnte, kann man auf einem gelben Schild drei schwarze Stauferlöwen erahnen. Allerdings stellt sich die Frage, warum Heinrich, der zu dieser Zeit bereits König war, mit dem schwäbischen Herzogswappen dargestellt sein soll.

1500 – Schwäbischer Reichskreis

Mit der Hinrichtung des letzten Staufers Konradin im Jahr 1268 in Neapel hörte auch das Herzogtum Schwaben auf zu bestehen. Rudolf von Habsburg, nach dem Interregnum seit 1273 deutscher König, versuchte zwar, den Titel wiederzubeleben und ihn für seine Familie zu vereinnahmen. Er ernannte er seinen Sohn Rudolf zum Herzog von Schwaben, dem 1290 dessen Sohn Johann folgte. Als dieser 1308 seinen Onkel, König Albrecht I., ermordete und anschließend ohne einen Erben zu hinterlassen floh, war das Herzogtum Schwaben faktisch erloschen.

Die drei Löwen wurden später vom Schwäbischen Reichskreis verwendet. Dies war einer von zehn Reichskreisen, in die das Heilige Römische Reich im Jahre 1500 unter Kaiser Maximilian I. eingeteilt wurde. Zunächst stand er noch in Konkurrenz zum Schwäbischen Bund, der aber in Folge der Reformation zerbrach und sich in den 1530er Jahren auflöste. Der Schwäbische Reichskreis bestand bis zur Auflösung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation im Jahre 1806.

Der Schwäbische Reichskreis existierte drei Jahrhunderte lang und wurde unter Napoleon aufgelöst. Er umfasste große Teile des heutigen Baden-Württembergs, des Regierungsbezirks Schwaben im Freistaat Bayern sowie Gebiete in Vorarlberg und Liechtenstein. Das Territorium des Schwäbischen Kreises stellte keine geschlossene Fläche dar, sondern hatte Enklaven von nicht kreisständischen Gebieten (u.a. österreichische Gebiete, Gebiete der Reichsritterschaft und Gebiete des bairischen und des fränkischen Reichskreises). – Das Wappen des Schwäbische Reichskreises (1563) zeigt oben die drei Stauferlöwen des ehemaligen Herzogtums Schwaben. Das Kreuz dürfte von Schwäbischen Bund (rotes Kreuz auf silbernem Grund) übernommen worden sein.

1806 – Königreich Württemberg

Wappen des Königreichs Württemberg (1817).
Das unter Napoleon zum souveränen Königreich aufgestiegene Württemberg verwendete bis 1918 die Stauferlöwen neben den drei Hirschstangen der Herzöge von Württemberg. Mit dieser Symbolik machte König Friedrich seinen Anspruch auf die Nachfolge der staufischen Herzöge Schwabens deutlich. Er nahm am 1. Januar 1806 gleichzeitig mit der Königswürde den Titel Fürst zu Schwaben an und acht Monate später den Titel Souveräner Herzog in Schwaben und von Teck.

Auch bei diesem Wappen sind die Symbole heraldisch austariert: Im Schild stehen die Stauferlöwen auf der weniger vornehmen heraldisch linken Seite, dafür aber der Löwe als Schildträger auf der vornehmeren rechten. Umgekehrt die württembergischen Hirschstangen und der Hirsch. Auf dem roten Band steht Furchtlos und treu.

Im November 1918 dankte König Wilhelm II. ab, und der freie Volksstaat Württemberg wurde ausgerufen. Dieser führte nur noch die Hirschstangen im Wappen. Die drei Stauferlöwen im Schild wurden durch die Landesfarben schwarz und rot und der Schildhalter auf der heraldisch rechten Seite durch einen zweiten Hirsch ersetzt.

1954 - Landeswappen von Baden-Württemberg

Das 1952 durch Zusammenschluss der Länder Württemberg-Baden, Baden und Württemberg-Hohenzollern gegründete Land Baden-Württemberg griff 1954, wie oben dargestellt, die drei Stauferlöwen des Herzogtums Schwaben wieder auf. Dem gingen lange und heftige Debatten voraus.

Die meisten Vorschläge kombinierten den roten Schrägbalken von Baden mit den Hirschgeweihen von Württemberg. Es gab auch Überlegungen, den fränkischen Rechen und die schwarz-silberne Vierung von Hohenzollern zu integrieren und die Stauferlöwen im Schild oder als Schildträger zu berücksichtigen. mehr...

Schwäbische Löwen setzten sich durch

Um das Wappen von Baden-Württemberg tobte eine fast ebenso lange und heftige Debatte wie zuvor um den Namen für das neue Bundesland. Die Landesverfassung vom 11. November 1953 vertröstete deshalb mit einem kurzen Satz auf eine in die Zukunft verlagerte Lösung. "Das Landeswappen wird durch Gesetz bestimmt", heißt es im Artikel 24 Absatz 2. Und wie bei der schwierigen Suche nach dem Namen für den neuen Südweststaat standen sich wieder zwei Lager gegenüber: Badener gegen Schwaben. Und es zeigte sich, dass es auch ein Streit darüber war, ob an alte Traditionen angeknüpft werden oder etwas gänzlich Neues gewagt werden sollte.

Der Verfassungsausschuss des Stuttgarter Landtags traf eine vernünftige Entscheidung: Er holte sich fachlichen Rat, und der stand reichlich zur Verfügung - in Form der Staatsarchive in Stuttgart, Karlsruhe und Sigmaringen. Sie erhielten am 9. Juli 1952 den Auftrag, alle eingereichten Entwürfe, davon nicht wenige aus der Bevölkerung, zu sammeln und zu sichten.

Der Stuttgarter Archivar Max Miller und sein Mitarbeiter Hansmartin Decker-Hauff experimentierten mit verschiedenen Kombinationen. Decker-Hauff griff auf ein bereits existierendes Beispiel zurück, das Wappen des staufischen Herzogtums Schwaben, das drei schreitende schwarze Löwen auf Goldgrund zeigt. "Tatsächlich ist der Südweststaat in der glücklichen Lage, dass sein Wappen sozusagen bereits existiert, dass nur noch zugegriffen werden braucht", erklärte er im Februar 1952.

Es kam sofort Widerspruch aus dem Generallandesarchiv in Karlsruhe. Dort hielt Hans-Dietrich Siebert "die Ausgrabung des alten schwäbischen Herzogswappens für ultraretrospektiv". Viele Badener brachte die Idee wirklich auf die Palme. "Was hat denn das Stauferwappen mit Baden zu tun?", fragte ein empörter Leser damals im Karlsruher Blatt "Der Greif".

In der Plenarversammlung am 8. April 1954 machte der CDU-Abgeordnete Hermann Person noch einmal einen Vorstoß, um die Löwen-Variante zu kippen. Es gelte, "weg von dieser Traditionsschwärmerei" zu kommen. Aber auch er musste sich geschlagen geben. Neben den drei Löwen entschied sich die Versammlung zudem für Hirsch (Württemberg) und Greif (Baden) als Wappen-Schildhalter.

Siegfried Lambert: Schwäbische Löwen setzten sich durch. In: morgenweb.de, Mannheim, 25. April 2012 (Auszug)

Auf Grund dieses Entwurfes von Luitgard Müller (*1928, Foto rechts oben), einer Studentin an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart, entschied sich der Verfassungsausschuss für das künftige Wappen. "Links der Hirsch: beide Hinterbeine mit Klumpfuß; am rechten Vorderlauf einen Knieschützer; die Geweihe wie Besenstiele mit Weihnachtskerzen. Das Fabeltier rechts scheint herzleidend zu sein; es hat Wasser in den Füßen," so kommentierten die Stuttgarter Nachrichten am 16. Dezember 1953 diesen Entwurf, bei dem die Schildhalter mit Netzhemden bekleidet zu sein scheinen. – Es folgte ein Wettbewerb, bei dem der Entwurf von Fritz Meinhard (1910-1997, Foto rechts unten), ein Grafiker und Maler, der seit 1948 unter dem Signum Fischle als Karikaturist für die Stuttgarter Zeitung arbeitete, die Abgeordneten letztlich zufrieden stellte:

§ 1

1.  Das Wappen des Landes Baden-Württemberg zeigt im goldenen Schild drei schreitende schwarze Löwen mit roten Zungen. Es wird als großes und als kleines Landeswappen geführt.
2. Im großen Landeswappen ruht auf dem Schild eine Krone mit Plaketten der historischen Wappen von Baden, Württemberg, Hohenzollern, Pfalz, Franken und Vorderösterreich. Der Schild wird von einem goldenen Hirsch und einem goldenen Greif, die rot bewehrt sind, gehalten.
3. Im kleinen Landeswappen ruht auf dem Schild eine Blattkrone (Volkskrone).

Gesetz über das Wappen des Landes Baden-Württemberg (WappG). Dieses Gesetz wurde am 28. April 1954 auf Grund von Artikel 24 Absatz 2 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg vom 11. November 1953, in dem es heißt "Das Landeswappen wird durch Gesetz bestimmt", vom Landtag beschlossen und trat mit seiner Verkündung am 3. Mai 1954 in Kraft.

Das hier zitierte Gesetz über das Wappen des Landes Baden-Württemberg (WappG) aus dem Jahr 1954, das übrigens das in den Landesfarben Schwarz-Gold gestaltete Postament des großen Landeswappens unerwähnt lässt, wurde durch das neue Gesetz über die Hoheitszeichen des Landes Baden-Württemberg (LHzG) vom 27. Oktober 2015 außer Kraft gesetzt. § 1 des neuen LHzG ist allerdings inhaltlich identisch mit § 1 des alten WappG.

Im neuen LHzG, das auch die Verordnung der Landesregierung über die Führung des Landeswappens aus dem Jahr 1954 außer Kraft setzte, ist neu geregelt, wer das Wappen führen und verwenden darf:

  • Das große Landeswappen führen der Landtag, die Fraktionen und die Abgeordneten, der Ministerpräsident, die Landesregierung, die Ministerien, die Vertretungen des Landes beim Bund und bei der Europäischen Union in Brüssel, der Verfassungsgerichtshof und die obersten Gerichte des Landes, der Rechnungshof, die Regierungspräsidien, der Landesbeauftragte für den Datenschutz sowie von der Landesregierung für bestimmte Aufgabenbereiche beauftragte Personen.
  • Alle übrigen Landesbehörden, Gerichte und Notare führen das kleine Landeswappen.
  • Mit Genehmigung des Innenministeriums kann das Landeswappen verwendet werden, wenn die Verwendung in einer Weise geschieht, die für dessen Ansehen und Würde nicht abträglich ist, durch die Verwendung des Landeswappens der Eindruck hoheitlichen Handelns nicht erweckt wird und mit der Verwendung des Landeswappens keine kommerziellen Absichten verfolgt werden.
  • Ohne Genehmigung kann das Landeswappen verwendet werden für Zwecke der Medienberichterstattung, des Unterrichts oder der staatsbürgerlichen Bildung, für kulturelle Projekte unter Beteiligung des Landes, für künstlerische oder heraldisch-wissenschaftliche Zwecke oder im Zusammenhang mit vom Land finanziell unterstützten Vorhaben, um auf die Förderung hinzuweisen, sofern durch die Verwendung des Landeswappens der Eindruck hoheitlichen Handelns nicht erweckt wird.

Warum ist der Löwe ein beliebtes Wappentier?

Der Löwe stand schon im Altertum für Stärke und Macht und ist daher ein beliebtes Wappentier. Als Mitte des 12. Jahrhunderts Siegel und Wappen hierzulande beim Adel in Mode kamen, war er in Mitteleuropa längst ausgestorben. Allerdings gab es fast im gesamten Mittelmeerraum noch Löwen. Daher gehen Heraldiker davon aus, dass die damaligen Kreuzzüge den wichtigsten Impuls für die Verbreitung des Löwen als Wappentier gaben.

Auch wenn etliche Kreuzfahrer Löwen gesehen haben mögen, so konnten sie diese anscheinend nach ihrer Rückkehr meist nur unzureichend beschreiben. Denn viele Skulpturen der Stauferzeit stellen Löwen ziemlich unrealistisch dar, und ähnliches gilt für die Darstellung auf den Wappen.

Links: Die beiden Löwen im Tympanon des Südportals der spätromanischen Johanniskirche in Schwäbisch Gmünd (um 1220) sind großartige Kunstwerke, aber dennoch ein typisches Beispiel für die oft eher missglückte Darstellung des "Königs der Tiere" im Hochmittelalter. – Rechts: Der Braunschweiger Löwe, den Heinrich der Löwe 1166 anfertigen ließ, ist ein gelungeneres Beispiel einer Löwenskulptur. Dies ist die älteste erhaltene Großplastik des Mittelalters nördlich der Alpen und der erste größere figürliche Hohlguss seit der Antike. Der Bronzeguss wiegt 880 Kilogramm, ist 1,78 Meter hoch und 2,79 Meter lang. Das Original steht in der Burg Dankwarderode, auf dem Burgplatz ist eine Kopie.

Andere Drei-Löwen-Wappen

Das Haus Waldburg (links), ein hochadliges schwäbisches, ursprünglich welfisch-staufisches Ministerialengeschlecht, hat seine Stammburg im Landkreis Ravensburg in Oberschwaben. Seit 1222 sind Siegel der Waldburger mit drei Löwen nachweisbar. Nachdem die Waldburger vergeblichen Einspruch gegen das baden-württembergische Landeswappens eingelegt hatten, das ihrer Auffassung nach ihrem eigenen Wappen zu ähnlich sah, ergänzten sie einen Reichsapfel über den Stauferlöwen, der das Hofamt als Reichserbtruchsess repräsentiert. Da die Löwen genau wie auf dem Reitersiegel von Heinrich (VII.) den Beschauer anblicken, sind es aus heraldischer Sicht Leoparden. – Das Wappen der Gemeinde Waldburg, wo sich die Burg aus dem 12. Jahrhundert befindet, ist von dem Adelswappen abgeleitet.

Der Freistaat Bayern (rechts) führt drei Stauferlöwen (heraldische Leoparden), die den Regierungsbezirk Schwaben repräsentieren.

Das Bundesland Kärnten (links) führt die drei Löwen der Mödinger Seitenlinie der mit den Staufern verwandten Babenberger neben dem österreichischen Bindenschild.

Das Königreich Dänemark (Mitte) führt drei gekrönte blaue Löwen mit neun roten Herzen in seinem Staatswappen, die allerdings eine andere Entstehungsgeschichte und auch eine andere Tinktur (Farbgebung) als die Stauferlöwen haben.

England (oben rechts) führt drei goldene Löwen auf rotem Grund in seinem Wappen. Da die Löwen den Beschauer anblicken, sind es aus heraldischer Sicht Leoparden, sie werden aber als Three Lions bezeichnet. Auch die Kanalinseln Guernsey und Jersey führen dieses Wappen, das aber ebenso wie das dänische eine andere Entstehungsgeschichte und Tinktur als die Stauferlöwen hat. Im Wappen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland (seitlich rechts) sind der schottische Löwe, die irische Harfe und zweimal die englischen Three Lions vertreten.

Das Wappen von England entwickelte sich sehr ähnlich wie das Stauferwappen, aber anschaulicher nachvollziehbar, von ursprünglich einem über zwei aufrecht stehende Löwen zu drei schreitenden Löwen. – Wappen v.l.n.r.: Heinrich II. (König von England), Richard Löwenherz (Herzog von Aquitanien, Herzog der Normandie, König von England bis 1194 und seit 1194).

Heinrich II. (1133-1189) war Herzog der Normandie und von Aquitanien, Graf von Anjou und König von England (1154-1189). Er war der erste König aus dem Hause Plantagenet und führte als König von England einen aufrecht stehenden Löwen im Wappen.

Sein Sohn Richard Löwenherz (1157-1199) war ab 1172 Herzog von Aquitanien (ein schreitender Löwe). 1189 wurde er Nachfolger seines Vaters als Herzog der Normandie (zwei schreitende Löwen) und als König von England. Als englischer König führte er anders als sein Vater zwei aufrecht kämpfende (combattants) Löwen im Wappen. Nach seiner Rückkehr vom Dritten Kreuzzug führte er ab 1194 drei schreitende Löwen im königlichen Wappen, die sich bis heute als die Three Lions im Wappen Englands erhalten haben.


Literaturauswahl

  • Eberhard Gönner: Das Wappen des Herzogtums Schwaben und des Schwäbischen Kreises. In: Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte 26 (1967), S. 18-45.
  • Petra Schön: Baden-württembergische Befindlichkeiten. Das Land und seine Symbolik. Begleitbuch zur Ausstellung des Hauptstaatsarchivs Stuttgart, Stuttgart 2002.
  • Robert Nussard: Le rôle d'armes Bigot. Paris 1985.

Wer war Heinrich (VII.) und was bedeuten die Klammern um die römische Sieben?

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