Königstein

In Stein gemeißelt, aber wacklig

Rudolf Krönke würde am liebsten zum "ägyptischen Radiergummi" greifen

Wer schreibt, der bleibt, heißt es. Und das umso mehr, wenn das Schriftgut in Stein gemeißelt ist. Doch was da an Details der Königsteiner Geschichte teils in die unlängst eingeweihte Stauferstele geschlagen wurde, "darf so nicht bleiben". Das meint zumindest der Vorsitzende des Vereins für Heimatkunde, Rudolf Krönke.


VON STEFAN JUNG

Rudolf Krönke und der Stein des Anstoßes: die Stauferstele.
Wann hebt sich denn endlich der Vorhang? Die Frage dürfte sich der eine oder andere Zaungast bei der Enthüllung der Stauferstele (wir berichteten) vor wenigen Wochen schon gestellt haben – so episch breit geriet das Vorspiel.

Wäre es nach Rudolf Krönke, dem Vorsitzenden des Vereins für Heimatkunde gegangen, hätte sich der Vorhang jedoch am besten gar nicht gehoben. Dann, so sein Eindruck, wäre den Besuchern der Burg zumindest der Blick auf ein Denkmal erspart geblieben, dessen Inschriften doch den einen oder anderen bedenklichen Wackler offenbaren.

Was Krönke am liebsten von der Stele getilgt sehen würde? Zum Beispiel die Aussage, dass Cuno I. von Münzenberg als Erbauer der Burg gilt. Zwar liege die Geschichte der Burggründung nach wie vor im Dunkeln. Dass es auf dem Berg über der heutigen Kurstadt schon vor den Münzenbergern eine Befestigung gegeben haben müsse, steht für Krönke außer Frage. Dazu sei die Lage an der alten Reichsstraße von Frankfurt nach Köln strategisch zu günstig gewesen. Und darauf deuteten auch die Funde hin, die bereits vor Jahrzehnten auf dem Burgberg gemacht wurden.

Abgesehen vom Vorhandensein einer Vorgänger-Burg, so der Lokalhistoriker, berge der Hinweis auf Cuno I. als "Erbauer" noch weitere nicht zu unterschätzende Haken. So sei er nämlich urkundlich als Herr über Königstein gar nicht belegt. Den ersten Beleg für einen Münzenberger auf Burg Königstein gebe es erst für das Jahr 1239. Und da war es Ulrich I., der Erwähnung findet.

"Urkundlich nachweisbar sind die 1255 im Mannesstamm ausgestorbenen Münzenberger nur für 14 Jahre als Herren über Königstein", betont Krönke. Zwar gebe es Anhaltspunkte und Vermutungen, die schon Cuno I. mit Königstein in Verbindung bringen. Nachprüfbar seien die jedoch nicht. Umso wichtiger wäre es gewesen, so der Chef des Vereins für Heimatkunde, sich bei der Beschriftung der Stele auf die mit Urkunden zu belegenden Fakten zu konzentrieren. Hier wäre weniger nicht nur mehr, sondern auch richtiger gewesen.

Zumal der Hinweis, dass Cuno I. als Erbauer der Königsteiner Burg gelte, noch dazu den Eindruck erwecke, dass hier ein Adliger sich seinen Traum vom befestigten Eigenheim verwirklicht habe. Dabei steht für Krönke fest: "Die Burg Königstein war in ihren Ursprüngen keine Adels-, sondern eine Reichsburg, die Funktionsträgern zum Lehen gegeben wurde."

Die strittige Formulierung Cuno I. gilt als Erbauer ist beileibe nicht der einzige Kritikpunkt, den Rolf Krönke beim Umrunden der achteckigen Travertin-Säule ausmacht. So stößt sich der Lokalhistoriker auch an der in Stein gemeißelten Aussage: Wird die Wetterau mit einem System von Burgen zur Sicherung der Reichsstraße von Frankfurt nach Köln überzogen.

Willkommen im Taunus

Natürlich, so Krönke, sei es richtig, dass die Königsteiner Burg über die alte wie zentrale Wegeverbindung wachte. Aber "Wetterau"? Wo sich der Besucher der Burg wirklich befinde, lasse sich doch schon an "Königstein im Taunus" ablesen, unterstreicht der Heimatkundler und ergänzt schmunzelnd: "Der Hinweis auf die Wetterau erweckt bei heutigen Gästen doch den Eindruck, dass die Feuerwehr aus Butzbach anrücken musste, wenn es in Königstein brannte."

Denn genau darum geht es Krönke mit seiner Kritik – es geht um den Eindruck, der erweckt wird. "Wir Königsteiner, und vor allem die, die sich mit der Geschichte der Stadtgeschichte beschäftigen, erkennen die Fehler, ärgern uns darüber oder lachen. Aber was ist mit den Besuchern, die hierher kommen?", fragt der Heimatkundler und liefert gleich die Antwort mit: "Die lesen, was da steht, gehen davon aus, dass es richtig ist – es ist ja in Stein gemeißelt – und nehmen für sich mit, dass Cuno I. die Burg erbaut hat, sie in der Wetterau liegt und heute dem Land Hessen gehört."

Denn auch dieser Eindruck drängt sich durchaus auf, wenn man folgende Inschrift liest: Burg und Herrschaft fallen an Falkenstein, 1255; Eppstein, 1418; Stolberg, 1535; Kurmainz, 1581; Nassau, 1803; Preussen, 1866; Hessen, 1945.

Krönke: "Den Preußen gehörte die Burg nur zwischen 1866 und 1872. Danach fiel sie über einen Tausch in den Privatbesitz der Nassauer. Seitdem Hilda von Baden, 1922, den Königsteinern die Burg zum Geschenk gemacht hat, ist sie Eigentum der Stadt und nicht des Landes."

Und gerade weil das so ist, hätten sich, so der Vorsitzende des Vereins für Heimatkunde, die Verantwortlichen der Stadt nicht nur darum kümmern müssen, wo die Stele steht, sondern auch was auf ihr steht. "Warum hat man denn nicht mal bei uns im Verein nachgefragt?", fragt sich Krönke. Schließlich seien hier Leute ehrenamtlich sehr intensiv mit der Materie beschäftigt. Da hätte sich der eine oder andere Lapsus im Travertin von vornherein vermeiden lassen. So aber sind die Fehler jetzt in Stein gehauen. Was tun?

Rudolf Krönke würde am liebsten zum "ägyptischen Radiergummi" greifen und wie einst im Reich der Pharaonen, die Wackler mit dem Meißel getilgt wissen. Das aber werde wohl kaum möglich sein. Irgendwas, so Krönke, müsse sich die Stadt aber auf jeden einfallen lassen, um die kritischen Passagen gerade zu rücken.

Quelle: Taunus-Zeitung 21. Oktober 2015



Bei einem seiner ansonsten vollkommen berechtigten Kritikpunkte irrt Rudolf Krönke, denn in der Stauferzeit lag Königstein tatsächlich in der Wetterau.

Heute bezeichnet man als Wetterau ein Gebiet nördlich von Frankfurt am Main, östlich des Taunus und südwestlich des Vogelsbergs. Sie ist benannt nach der Wetter, einem rechten Nebenfluss der Nidda, die bei Frankfurt in den Main mündet. Den Hauptteil dieser Landschaft nimmt der Wetteraukreis mit der 25 Kilometer nordwestlich von Königstein gelegenen Kreisstadt Friedberg ein. Königstein liegt heute im Hochtaunuskreis mit der Kreisstadt Bad Homburg.

Ursprünglich war die Wetterau (damals: Wetereiba) jedoch ein mittelalterliches Gau mit einem weitaus größeren Gebiet, zu dem auch Königstein gehörte.

Das auf dieser Karte nicht eingezeichnete Königstein liegt etwas oberhalb des "F" von Frankenevurt (Frankfurt) und gehörte im Mittelalter zur Wetereiba (Wetterau). Der Kartenausschnitt stammt aus Gustav Droysen: Deutschland um das Jahr 1000. In: Allgemeiner historischer Handatlas, Leipzig 1886, S. 22/23.

Stauferstele Königstein

Errata der Stauferstelen