Staufergräber - Anlagen
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- Sour (Libanon)
VON PETER KOBLANK (2018)
Marienkirche und Gertrudskapelle in Vä (Schweden)
Die romanische Sankta Maria kyrka im südschwedischen Vä stammt aus dem 12. Jahrhundert. Sie hatte ursprünglich zwei Westtürme, die jedoch 1804 abgerissen wurden. Der heutige Turm stammt aus dem 14. Jahrhundert. Das Grab der Stauferwitwe und späteren dänischen Königin, die in Vä bestattet wurde, ist nicht mehr erhalten.
Gertrud von Bayern und Sachsen wurde um 1154 geboren und war eine Tochter von Heinrich dem Löwen, Herzog von Bayern und Sachsen, aus dessen erster Ehe mit Clementia von Zähringen.
Gertruds erste Ehe mit Herzog Friedrich IV. von Schwaben
1166 wurde die zwölfjährige Gertrud mit dem etwa zehn Jahre älteren Herzog Friedrich IV. von Schwaben, auch "Friedrich von Rothenburg" genannt, verheiratet.1 Friedrich war der Sohn des Stauferkönigs Konrad III. und ein Cousin von Kaiser Friedrich I. Barbarossa.
Kurz nach seiner Hochzeit nahm Friedrich an Barbarossas viertem Italienzug teil. Im Sommer 1167 breitete sich in Rom eine Seuche aus, vermutlich eine bakterielle Ruhr,2 an der ein Großteil des Heeres erkrankte. Friedrich starb am 19. August 1167 auf dem Rückmarsch nach Deutschland in Tuszien.3
Das Grab von Herzog Friedrich IV. in Ebrach
Der Herzog wurde bei seiner bereits verstorbenen Mutter Gertrud von Sulzbach, der Ehefrau von König Konrad IV., vor dem Hochaltar der ersten Klosterkirche des von ihr besonders geförderten Zisterzienserklosters in Ebrach bestattet. Friedrichs Gebeine mussten hierzu rund tausend Kilometer über die Alpen nach Oberfranken transportiert werden.
Grabmäler der römisch-deutschen Königin Gertrud und ihres Sohnes Herzog Friedrichs IV. von Schwaben in der frühgotischen Klosterkirche Ebrach.
1269 wurden Friedrichs Grab und das seiner Mutter in die frühgotische Klosterkirche übertragen, deren Grundstein im Jahre 1200 gelegt wurde und deren Weihe 1285 erfolgte. Dort befanden sich die beiden Gräber zunächst an einem Seitenpfeiler des Presbyteriums. 1650 wurden sie an der heutigen Stelle in einer südlichen Nische hinter dem Choraltar aufrecht stehend eingemauert.4 Der Grabstein von Gertrud entstand in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Der ihres Sohnes mit dem Herzogshut stammt aus dem 17. Jahrhundert, als die beiden Gräber hinter den Choraltar versetzt wurden. Die Königin befindet sich als die wichtigere Person in heraldisch rechter Position.5
Gertrud kehrte nach Friedrichs Tod an den Hof ihres Vaters zurück,3 vermutlich in dessen neue Residenz in Braunschweig, wo Heinrich der Löwe gerade das für die damalige Zeit außergewöhnliche Löwenstandbild errichtet und die Burg Dankwarderode weitgehend fertiggestellt hatte.6
Gertruds zweite Ehe mit König Knut VI. von Dänemark
1164 hatte Heinrich der Löwe mit König Waldemar I. von Dänemark vereinbart, dass seine jüngere Tochter Richenza den Sohn Waldemars, den künftigen dänischen König Knut VI., heiraten werde. Beide Kinder waren damals noch im Säuglingsalter.7 Richenza verstarb jedoch ein paar Jahre später, sodass aus ihrer Ehe mit dem dänischen Prinzen Knut nichts wurde.8
Im Juni 1171 vereinbarte Heinrich der Löwe mit Waldemar die Verlobung seiner seit 1167 verwitweten siebzehnjährigen Tochter Gertrud mit dem mittlerweile acht oder neun Jahre alten dänischen Thronfolger Knut. Im Winter 1171 trat Gertrud die Reise nach Dänemark an.9 Die Hochzeit fand 1176 oder 1177 statt.10
Knut war 1170 zum König von Dänemark gekrönt worden, zur Zeit der Heirat Statthalter in Schonen und folgte seinem 1182 verstorbenen Vater als König Knut VI. im Amt.
Auch diese immerhin zwanzig Jahre lange zweite Ehe Gertruds blieb kinderlos. Vom Chronisten Arnold von Lübeck wissen wir, dass das Paar in Keuschheit lebte.11
Gertruds Tod und Beisetzung in Vä
Gertruds genauen Todestag kennen wir aus den Geschenkbüchern des Domkapitels von Lund. Dort wird unter dem 1. Juli berichtet, dass Königin Gertrud, die den Kanonikern des Hl. Laurentius (= Lunder Dom) eine goldene Krone hinterließ, im Jahr der Fleischwerdung des Herrn 1197 starb.12
Der dänische Historiker Arild Huitfeldt berichtet in seiner zwischen 1596 und 1603 verfassten Chronik der Könige Dänemarks, dass Gertrud in Vä gestorben ist und bestattet wurde. Zu seiner Zeit glaubte man, ihren Grabstein nachweisen zu können.13 Arild Huitfeldt schreibt:14
1197. Königin Gertrud stirbt in Vä.
Im Jahr 1197 starb Königin Gertrud, König Knuts Ehefrau, Herzog Heinrich des Löwen Tochter, und wurde in Vä begraben. Ihr Grabstein wurde da in unserer Zeit gefunden und war nichts als ein flacher roter Feldstein, ausgehauen mit einem Deckel darauf, aber ihre Gebeine waren verschwunden. Sie ließ außerhalb von Vä eine Kapelle bauen, genannt Sankt-Gertruds-Kapelle, zu ihrem Gedenken.
Vä (auch: Væ, Wä) liegt in Schonen, einer historischen Provinz im Süden Schwedens, die bis ins 17. Jahrhundert zu Dänemark gehörte.
Vä war im Mittelalter eine blühende Stadt, wurde aber 1612 von schwedischen Truppen unter Gustav II. Adolf im Krieg gegen Dänemark abgebrannt. Die meisten Bewohner zogen anschließend in die 1614 vom dänischen König Christan IV. neu gegründete Stadt Christianstad (heute: Kristianstad) um. Vä schrumpfte zu einem Dorf und ist heute ein Ortsteil von Kristianstad.
In Vä gibt es eine der Hl. Maria geweihte romanische Kirche, die bereits zur Zeit von Gertrud existierte. Ganz in der Nähe steht die bereits erwähnte Ruine einer der Hl. Gertrud geweihten Kapelle. Lageplan einblenden.
Die Marienkirche in Vä
Die romanische Sankta Maria kyrka am Kung Valdemars väg in Vä stammt aus dem 12. Jahrhundert und war ursprünglich eine königliche Patronatskirche und gleichzeitig Gemeindekirche von Vä.
Das nördliche Seitenschiff der Marienkirche wurde Ende des 16. Jahrhunderts angebaut.
Die Marienkirche wurde um 1150 fertiggestellt und um 1160 dem von Erzbischof Eskil von Lund in Vä gegründeten Prämonstratenserkloster überlassen. Das Kloster brannte 1213 nieder und die Chorherren zogen in das rund zwanzig Kilometer nordöstlich von Vä gelegene Kloster Bäckaskog.15
Die Marienkirche blieb bei diesem Brand unbeschädigt. Sie hatte ursprünglich zwei Westtürme, die jedoch 1804 abgerissen wurden. Der heutige Turm stammt aus dem 14. Jahrhundert, das nördliche Seitenschiff aus dem Jahr 1593.16 Falls Gertrud 1197 in der Marienkirche beigesetzt wurde, ist von diesem Grab inzwischen nichts mehr zu sehen.
Die Marienkirche war ursprünglich flachgedeckt. Im 13. Jahrhundert erhielt das Kirchenschiff ein von zwei Pfeilern gestütztes Gewölbe. – Bei Restaurierungsarbeiten im Jahre 1966 entdeckte man im Chorgewölbe beachtliche Bilder aus der Zeit der Romanik.
Die Gertrudskapelle in Vä
Knapp hundertfünfzig Meter nordwestlich der Marienkirche befindet sich am Kung Knuts väg die Ruine der Sankta Gertruds kapell. Die Bauweise des stehengebliebenen Westgiebels mit Granit, Ziegelstein und verputzten Vertiefungen deutet in das späte 15. Jahrhundert.17 Dennoch könnte die Kapelle in ihrer Grundsubstanz aus dem 12. Jahrhundert stammen und, wie von Arild Huitfeldt beschrieben, von Königin Gertrud zu ihrem Gedächtnis in Auftrag gegeben worden sein.
Von der nahe gelegenen Sankta Gertruds kapell ist nur noch eine Ruine erhalten.
St. Gertrud ist die Schutzheilige der Armen, Kranken und Reisenden. Da diese Kapelle ausgerechnet der Namenspatronin von Königin Gertrud gewidmet ist, drängt sich die Vermutung auf, dass sie in unmittelbarer Nachbarschaft des damaligen Prämonstratenserklosters als deren Grablege errichtet wurde. Vierhundert Jahre nach Gertruds Tod wurde ihr dort von Arild Huitfeldt, wie bereits erwähnt, ein leeres Grab zugeschrieben, das allerdings heute nicht mehr erhalten ist.
1930 wurde der Westgiebel restauriert und die anderen Reste der Gertrudskapelle, die mit einer anderthalb Meter dicken Bodenschicht bedeckt waren, ausgegraben. Dabei wurde festgestellt, dass die Kapelle durch Feuer zerstört wurde. Möglicherweise fiel die Kapelle den Schweden zum Opfer, die 1612 die Stadt abbrannten. Im Chor befanden sich zwei späte Gräber.17
Die rötliche Grabplatte unter der Nordwand im Inneren der Gertrudskapelle wurde rund hundert Meter westlich als Teil einer Steinbrücke über den Kyrkbäcken (Kirchbach) aufgefunden und in die Ruine gelegt. Auf Grund dessen, was von ihren Inschriften noch lesbar ist, wird die Grabplatte auf 1600-09 datiert.17
Grabplatte am Boden unter der Nordwand der Ruine. Größeres Foto der Grabplatte.
Die Grablegen des dänischen Königshauses
Seit dem Tod von Knuts Vater Waldemar I. im Jahre 1182 war die St.-Bendts-Kirche in Ringsted bis 1319 die Grablege der dänischen Könige. Anschließend übernahm die Klosterkirche in Sorø diese Rolle. Seit der Überführung von Königin Margarete I. von Sorø in den Dom von Roskilde im Jahre 1413 ist Roskilde bis zum heutigen Tag die Grablege des dänischen Königshauses.
Die St.-Bendts-Kirche in Ringsted und danach die Klosterkirche in Sorø waren die ersten beiden Grablegen des dänischen Königshauses. Seit dem frühen 15. Jahrhundert werden die dänischen Könige und Königinnen im Dom von Roskilde bestattet. Alle drei Orte liegen auf der Insel Seeland. – Vä liegt im südlichen Schweden, das bis ins 17. Jahrhundert zum dänischen Königreich gehörte.
Das Grab von König Knut VI. in Ringsted
Knut VI. überlebte Gertrud um fünf Jahre und wurde in der Sankt Bendts Kirke in Ringsted, der damaligen Grablege der Könige von Dänemark, bestattet.
Die romanische St.-Bendts-Kirche in Ringsted ist dem Hl. Benedikt geweiht. Die Angehörigen des dänischen Königshauses sind im Mittelgang vor dem Chor bestattet. Dort liegt auch Gertruds Ehemann Knut VI. unter einer trapezförmigen Grabplatte, deren lateinische Inschrift lautet: Canutus König der Dänen, Sohn Waldemars I. Die Königsgräber wurden Mitte des 19. Jahrhunderts geöffnet, untersucht und mit neuen Grabplatten wie dieser verschlossen.
Warum Gertrud in Vä, wo sie laut Arild Huitfeldt gestorben ist, laut seiner Chronik auch bestattet wurde, ist nicht bekannt. Dass sie nicht bei ihrem Ehemann Knut in Ringsted liegt, lässt sich vielleicht damit erklären, dass die Grablege in der St.-Bendts-Kirche im Grunde genommen erst im Jahre 1202 mit Knut VI. als zweitem dort bestatteten dänischen König zu einer Tradition wurde, die sich im Jahre 1241 mit der Beisetzung seines Bruders und Nachfolgers Waldemar II. endgültig verfestigte. Die Überlegung, dass Knut VI. seine vor ihm verstorbene Ehefrau Gertrud eigentlich in Ringsted hätte beerdigen müssen, ist deshalb nicht zwingend.
Allerdings wurde Knuts Mutter Sophie, die ein Jahr nach Gertrud verstarb, an der Seite von König Waldemar I. in Ringsted beigesetzt. Es mag daher auch eine Rolle gespielt haben, dass die Ehe von Knut und Gertrud offensichtlich nicht die große Liebe war.
Der Dom zu Roskilde in Dänemark, der hin und wieder fälschlich als Grabstätte Gertruds genannt wird,18 ist erst seit dem 15. Jahrhundert die Grablege des dänischen Königshauses.
1. | Tobias Weller: Die Heiratspolitik des deutschen Hochadels im 12. Jahrhundert. Köln/Weimar/Wien 2004, S. 53–57. |
2. | Knut Görich: Friedrich Barbarossa. Eine Biografie. München 2011, S. 417. |
3. | Tobias Weller, S. 57. |
4. | Ferdinand Geldner: Um die frühen Staufergräber in Ebrach, Lorch und Bamberg. In: Gerd Zimmermann: Festschrift Ebrach 1127-1977, Volkach 1977, S. 38-52, hier: S. 48. |
5. | Markus Hörsch: Die mittelalterlichen Bildwerke in der Abtei Ebrach und ihre Bedeutungen. Interessen und Hierarchien in einer Grabeskirche. In: Achim Hubel (Hrsg.): Neue Forschungen zur mittelalterlichen Bau- und Kunstgeschichte in Franken, Bamberg 2011, S. 77-112, hier: S. 89-97. |
6. | Der Braunschweiger Löwe wurde um 1166 aufgestellt. Dass die Burg Dankwarderode damals weitgehend fertig war, ergibt sich daraus, dass Heinrich der Löwe 1168 die im Dom zu Minden geschlossene Hochzeit mit seiner zweiten Ehefrau, Mathilde von England, anschließend in Braunschweig feierte. |
7. | Tobias Weller, S. 268–269. |
8. | Tobias Weller, S. 270. |
9. | Karl Jordan: Heinrich der Löwe. Eine Biographie. München 1993, S. 96. |
10. | Tobias Weller, S. 272. |
11. | Coniuge cum casta vivebat castior ipse. MGH SS rer. Germ. 14, S. 79. – Sehr frei übersetzt: Keusch mit der keuschen Gemahlin verlebte er züchtig die Tage in: Die Chronik Arnolds von Lübeck. Nach der Ausgabe der Monumenta Germaniae übersetzt von Johann C. M. Laurent. Berlin 1853, S. 80. |
12. | Christian Weeke (Hrsg.): Libri memoriales Capituli Lundensis. Lunde domkapitels gavebøger ("Libri datici Lundenses"). Kopenhagen 1884-89, S. 164–165. – Johannes C. H. R. Steenstrup: Gertrud. In: Carl Frederik Bricka (Hrsg.): Dansk biografisk Lexikon. Tillige omfattende Norge for Tidsrummet 1537–1814.. Kopenhagen 1892, S. 10. |
13. | Væ i Skaane, hvor man endnu paa Hvitfelds Tid mente at kunne paavise hendes Ligsten. – Christian Weeke, S. 164 Fußnote 2. |
14. | Arild Huitfeldt: Danmarckis Rigis Krønicke, Kopenhagen 1652, S. 163. Exakte Übersetzung. |
15. | Im Laufe der Reformation wurde das Prämonstratenserkloster Bäckaskog stillgelegt. Als Schloss Bäckaskog gehörte es zeitweilig der schwedischen Krone und wird heute als Tagungshotel genutzt. |
16. | Die S:ta Maria Kirche in Wä. In der Kirche ausliegendes Informationsblatt. |
17. | S:ta Gertruds kapell. Informationstafel vor der Ruine. |
18. | Im Dom von Roskilde existiert kein Grab von Königin Gertrud. Die Behauptung, sie sei dort bestattet, basiert auf einem Phantasieprodukt des Historikers Hansmartin Decker-Hauff. – Hansmartin Decker-Hauff: Das Staufische Haus. In: Württembergisches Landesmuseum (Hrsg.): Die Zeit der Staufer. Geschichte - Kunst - Kultur. Stuttgart 1977, Band III, S. 339-374, hier: S. 354. |