CHEB 2013
Im tschechischen Cheb (früher: Eger) wurde die Stauferstele auf den Tag genau 700 Jahre, nachdem Friedrich II. dort die Goldene Bulle von Eger unterzeichnete, eingeweiht. Hier schwebt die oberste Trommel am Kran vor dem Schwarzen Turm der ehemaligen Kaiserpfalz. Die Adresse ist Dobrovského Ecke Trčky z Lípy.
Inschriften der 21. Stauferstele
Wappen von Böhmen PŘEMYSL OTAKAR I. | ||
KRÁL KONRÁD III. | ||
FRIDRICH BARBAROSSA | ||
CHEBSKÁ ZLATÁ BULA |
Hintergrundinformationen zur Stauferstele
Die Stauferstele steht direkt vor dem Eingang der unter Friedrich I. Barbarossa zur Kaiserpfalz ausgebauten Burg von Eger. Im Hintergrund der mit Buckelquadern aus schwarzem Basalt verkleidete, 18,5 Meter hohe Schwarze Turm. Er wurde 1774 um ein Stockwerk erhöht, das aus hellem Gestein besteht.
Die Kaiserpfalz von Eger
Eger (heute: Cheb) wurde 1061 das erste Mal urkundlich als Egire genannt. Auf dem Bergsporn über der Eger stand schon um das Jahr 900 eine slawische Burg, die um 1120 unter Markgraf Diepold III. von Vohburg ausgebaut wurde.
1167 kam Eger in den Besitz des staufischen Kaisers Friedrich I. Barbarossa. Ab 1179 ließ Barbarossa die Burganlage zur Kaiserpfalz ausbauen. In dieser Zeit entstanden der romanische Palas, der Schwarze Turm und die Doppelkapelle St. Martin.
Nach dem Ende der Stauferzeit kam in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts ein Teil des Egerlandes an den König von Böhmen. Ab 1675 bauten die Habsburger die Burg zu einer Zitadelle an der Grenze des Königsreichs Böhmen aus. Nachdem es militärtechnisch bedeutungslos geworden war, verfiel das Bauwerk im 19. Jahrhundert, bis die Stadt Eger ab 1895 Sicherungsarbeiten durchführen ließ.
Die Stauferstele in Cheb wurde genau am 800. Jahrestag der Unterzeichnung der Goldenen Bulle von Eger durch den Stauferkaiser Friedrich II. eingeweiht. Sie ist die einundzwanzigste in nunmehr fünf europäischen Staaten (Italien, Deutschland, Frankreich, Österreich, Tschechien) und die erste hinter dem ehemaligen Eisernen Vorhang.
Die Inschriften der Stauferstele beschreiben in tschechischer und deutscher Sprache Ereignisse in einem Zeitraum von hundertzwanzig Jahren: 1146 belehnte der erste Stauferkönig Konrad III. seinen Sohn mit dem Egerland. 1266, also zwei Jahre vor dem Untergang der Staufer mit der Hinrichtung Konradins in Neapel, erwarb der böhmische König Ottokar II. Přemysl Eger.
Erläuterung der Inschriften
Wappen von Böhmen. Ottokar I. Přemysl (*1155 1230) erhielt 1198 vom Stauferkönig Philipp von Schwaben (*1177 1208) als Gegenleistung für seine Gefolgschaft die Königswürde für Böhmen sowie im Jahr 1207 dessen Tochter Kunigunde als Schwiegertochter. – Sein Enkel Ottokar II. Přemysl (*1232 1278) wurde 1253 König von Böhmen. Er war auch Herzog von Österreich, Herzog der Steiermark und Herzog von Kärnten und Krain und somit der mächtigste aller Herrscher aus dem Hause der Přemysliden. 1266 erwarb er Eger.
Wappen der Staufer. Konrad III. (*1093/4 1152) war der erste König in der Familie der Staufer. Sein Nachfolger wurde jedoch nicht sein Sohn Friedrich, sondern sein Neffe Friedrich I. Barbarossa (*1122 1190). Dessen Ehe mit Adela von Vohburg (*1128 1187) wurde nach sechs kinderlosen Jahren wieder geschieden. Sowohl Friedrich als auch Adela hatten in ihrer jeweils zweiten Ehe Kinder.
Wappen von Eger. Der Staufer Friedrich I. Barbarossa (*1122 1190) wurde 1152 König und 1155 Kaiser des römisch-deutschen Reiches. Er baute die Burg von Eger zur Kaiserpfalz aus und parallel dazu entwickelte sich der Ort in einem Maße, dass er 1203 in einer Urkunde von Barbarossas Sohn Philipp von Schwaben Stadt (lat.: civitas) genannt wurde. – Auf dem Sockel steht, dass der Bildhauer Markus Wolf die Stele 2013 machte (lat.: fecit).
Wappen des Reiches. Die Goldene Bulle von Eger stammt von Friedrich II. (*1194 1250), der seit 1211/12 König des römisch-deutschen Reiches und später dessen letzter staufischer Kaiser war. Diese im Jahr 1213 ausgestellte Urkunde (MGH DD F II.2, Nr. 204), die mit einem bei königlichen Urkunden üblichen in Gold geprägten Siegel authentifiziert war, war die Gegenleistung Friedrichs II. an Papst Innozenz III., der ihn beim Kampf gegen den amtierenden Kaiser Otto IV. unterstützte.
Friedrich bestätigte die Freiheit der Bischofswahl durch die Domkapitel, das ungehinderte Appellationsrecht an den Papst in allen kirchlichen Fragen, die vollkommene Ausschaltung weltlicher Macht im kirchlichen Raum einschließlich Verzicht auf das Spolien- und Regalienrecht. Er überließ alles Geistliche dem Papst und den Kirchenprälaten, versprach aber wirksame Hilfe zu leisten zur Ausrottung der Ketzerei. Damit wurden alle Königsrechte an der Kirche hinfällig, um die im Investiturstreit unter Kaiser Heinrich IV. (Canossa) gestritten und für die 1122 im Wormser Konkordat von Kaiser Heinrich V. und Papst Calixt II. eine Kompromisslösung gefunden worden war.
Friedrich bestätigte darüber hinaus die Oberherrschaft des Papstes über das Königreich Sizilien und die Trennung von Regnum (Königtum) und Imperium (Kaisertum). Er verzichtete zu Gunsten des Papstes auf wichtige Gebiete in Mittelitalien (u.a. Herzogtum Spoleto, Mark Ancona, Grafschaft Bertinoro, Pentapolis, Exarchat Ravenna, Mathildische Güter).
Die Goldbulle von Eger bedeutete somit ein massive Stärkung des Papsttums zu Lasten des römischen-deutschen Kaisers. Man kann sie als dritte Gründungsurkunde des Kirchenstaates (nach Pippinscher Schenkung und Privilegium Ottonianum) bezeichnen. – Sie ist nicht zu verwechseln mit der weitaus bekannteren Goldenen Bulle von 1356, die bis zum Jahr 1806 Wahl und Krönung der römisch-deutschen Könige durch die Kurfürsten regelte. – Auf dem Sockel steht der Name des Arztes, an den die Stele erinnern (lat.: in memoriam) soll.
Jedes der vier Wappen hat, wie diese beiden Beispiele zeigen, ein anderes bildhauerisches Konzept, damit das jeweilige Motiv beim Betrachter eine entsprechende Wirkung hinterlässt. Links das Wappen von Eger mit den feinen, scheinbar ineinander geflochtenen Bändern in der unteren Hälfte und dem Adler vor glattem Hintergrund. Rechts der filigrane böhmische Löwe vor einem völlig anderen Hintergrund. In jedem dieser Meisterwerke der Steinmetzkunst steckt etwa ein Tag Arbeit.
Am Tag vor der Einweihung baute der Bildhauer die Stauferstele am Vormittag zwischen 9 und 11 Uhr zusammen mit Fachleuten aus Cheb auf. Die drei Trommeln der Stauferstele waren zuvor per Spedition nach Cheb transportiert worden. Die dortige Stadtverwaltung hatte das Fundament erstellen lassen und einen riesigen Kranwagen samt Helfer organisiert, die dem Bildhauer beim Aufbau zur Seite standen. Fotos: Markus Wolf.
Die oberste Trommel der Stauferstele schwebt am Haken des Kranwagens vor dem Schwarzen Turm der ehemaligen Kaiserpfalz (oben). Bildhauer Wolf im blauen Hemd und ein tschechischer Helfer setzen die Trommeln der Stauferstele passgerecht aufeinander (unten links). Blick vom Schwarzen Turm: Der Kranwagen kann nach getaner Arbeit abfahren (unten rechts). Siehe auch: Wie eine Stauferstele entsteht.
Die Einweihungsfeier begann um 15:00 Uhr in der St. Nikolauskirche, die in staufischer Zeit um 1230 gebaut wurde und deren Turm-Untergeschosse und Westportal noch aus der Romanik erhalten sind. Foto: cheb2013.cz.
Die Enthüllung der Stauferstele erfolgte um 17:00 Uhr an dem rund dreihundert Meter entfernten Eingang der Burg. Auf diesem Bild sieht man im Hintergrund die St. Nikolauskirche.
Mons. Frantiek Radkovský (Bischof von Plzen) zelebrierte von 15:00 bis 16:30 Uhr in der St. Nikolauskirche die Heilige Messe parallel in tschechischer und deutscher Sprache. Pavel Vanouek (Oberbürgermeister von Cheb) begrüßte um 17:00 Uhr die geladenen sowie die im Rahmen der Gartenschau spontan hinzugekommenen Gäste vor Ort an der Stauferstele. Seine und die nachfolgenden Reden wurden von Dolmetscherinnen ins Deutsche bzw. ins Tschechische übersetzt. Oberes Foto: Petr Novotný.
Hunderte Zuschauer aus Tschechien und Deutschland waren bei der Einweihung der 21. Stauferstele versammelt.
Zu Beginn der Rede von Oberbürgermeister Vanouek wurden Protestplakate entrollt. Foto: Günther Juba.
"Eine germanische Stauferstele hat hier nichts zu tun." "Stauferstele - eine Form schleichender Germanisierung und Wallfahrtsort für die Sudetendeutschen." "Eger ist und muss tschechisch bleiben."
Annemarie Marliese Meissner (Stifterin) wies auf ihre familiären Wurzeln im früheren Eger hin. Frantiek Kubů (Museum der Stadt Prachatice) erläuterte die politischen Gegebenheiten des Egerlandes in der Stauferzeit und beschrieb die in der kommunistischen Ära eher begrenzten Möglichkeiten, an einer tschechoslowakischen Universität die staufische Geschichte zu erforschen.
Jiří Čistecký (Referatsleiter Mitteleuropa im tschechischen Außenmisterium) betonte die Unterstützung dieses Projektes durch seine Behörde. Michal Pospíil (Vizebürgermeister von Cheb) dankte allen, die an der Verwirklichung dieses Projekts mitgeholfen haben.
Der Moment der Enthüllung der Stauferstele. Auf dem Plakat in der Mitte ist auf tschechisch zu lesen: "Auch unsere deutschen Freunde verurteilen dies." Foto: Iris Raupp.
Prälat Michael Fuchs (Generalvikar des Bistums Regensburg) und Mons. Frantiek Radkovský (Bischof von Plzen) segneten die Stauferstele. Rechts von der Stauferstele die Stifterin Annemarie Marliese Meissner und der Bildhauer Markus Wolf. Foto: Iris Raupp.
Blick vom Schwarzen Turm auf die ersten Zuschauer, die zum geselligen Beisammensein in die Kaiserpfalz strömen. Im Hintergrund Reste des romanischen Palas, in dessen Mauern die Stadt Cheb zu einem erlesenen Buffet einlud. Rechts die Doppelkapelle, eines der wenigen heute noch vollständig erhaltenen Gebäude aus der Stauferzeit.
Buffet im Palas. Foto: Iris Raupp.
Im Mai 2015 vom Schwarzen Turm aus fotografiert.
Stifter der Stauferstele
Annemarie Marliese Meissner
In memoriam Prof. Dr. Friedrich-Marbod Meissner (1922-2007)
Einweihung: 12. Juli 2013
TV-Reportage |
Eger im Mittelpunkt europäischer Politik
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