MARK-
GRÖNINGEN 2012
Die Stauferstele direkt neben dem Eingang der Bartholomäuskirche. Der frühgotische Bau wurde vor 1270 begonnen. Die Adresse ist Kirchgasse 1.
Inschriften der 15. Stauferstele
Wappen des Reichs KONRAD III. | ||
MARKGRÖNINGEN | ||
HARTMANN | ||
HARTMANN |
Hintergrundinformationen zur Stauferstele
Westwerk der Stadtkirche St. Bartholomäus mit Hochwachtturm (links) und Glockenturm. Die Stauferstele steht direkt neben dem Eingang der Bartholomäuskirche.
Markgröningen liegt knapp zwanzig Kilometer nordöstlich von Stuttgart. Ortsnamen mit der Endung -ingen deuten auf eine alemannische Siedlung hin. Wahrscheinlich gab es einen alemannischen Ortsgründer namens Gruono. In der Stauferzeit wurde der Ort als eine Stadt (lat.: civitas) namens Grouninge bezeichnet. Noch heute wird die Stadt von den Einheimischen umgangssprachlich Gröningen genannt.
Die erstmals im 16. Jahrhundert verwendete Vorsilbe Mark wurde erst im 18. Jahrhundert auch offiziell gebräuchlich und soll sich auf die Grenzlage an der fränkisch-alemannischen Mark beziehen. Um Verwechslungen zu vermeiden, wird der Ort in diesem Artikel Markgröningen genannt, auch wenn er im Mittelalter noch nicht so hieß.
Schlacht bei Frankfurt
Als Heinrich Raspe, der Gegenkönig des Staufers Konrad IV., im August 1246 zu seinem ersten Hoftag nach Frankfurt zog, trat ihm Konrad mit einem Heer entgegen, um ihm den Zugang in die Stadt zu verlegen. In die kampfbereiten Truppen Konrads eingereiht, verließen Graf Hartmann I. von Grüningen und sein Vetter Graf Ulrich I. von Württemberg mit ihren zweitausend Rittern und Bogenschützen verräterisch das Heer des Staufers.1 Konrad musste schließlich unter Zurücklassung des Gepäcks und der Zelte und nach Verlust vieler Männer entfliehen.2
Damit leiteten die beiden Grafen aus dem Hause Württemberg den Untergang der Staufer ein. Ihr Verrat soll dem Zeitzeugen Walter von Ocre zufolge vom Papst mit 7000 Mark (etwa 1750 Kilogramm) Silber erkauft worden sein.3 Als maßgebliche Vertreter der schwäbischen Grafengruppe konnten sie sich gewichtige Teile aus der staufischen Konkursmasse sichern.4
Graf Hartmann I. von Grüningen
Das Obere Schloss am Ortsrand von Riedlingen-Grüningen war der Sitz der Grafen von Grüningen. Es wird heute vom Freiherr von Hornstein bewohnt.
Das Untere Schloss mitten im Dorf war vielleicht der Sitz grünischer Ministerialen.
Rekonstruktion der Burg Grüningen um 1300.5 Links im Vordergrund der inzwischen abgetragene Turmhügel der Vorgängerburg, rechts das Untere Schloss, das auf einem künstlichen Erdhügel, der hier realitätsfremd dargestellt ist, steht.
Markgröningen bei Stuttgart wurde im Mittelalter als Grouninge oder Grüningen bezeichnet.
Graf Hartmann I. von Grüningen nannte sich aber nicht nach Markgröningen, sondern nach seiner Stammburg in Grüningen, heute ein Stadtteil von Riedlingen im Landkreis Biberach.
Nur von 1252 bis 1280 befand sich das nördliche Grüningen (heute Markgröningen) im Besitz des Grafen von Grüningen (heute Riedlingen).
Blick von der Donau östlich von Binzwangen auf den Berg der abgegangenen Burg Landau. Die Hauptburg befand sich links des Grabens, der noch deutlich zu erkennen ist, solange die Bäume kein Laub tragen.
Einer der beiden Verräter von Frankfurt war Hartmann I. von Grüningen. Er gehörte zu einer Linie der Grafen von Württemberg und hatte ursprünglich überhaupt nichts mit Markgröningen zu tun.
Er benannte sich nach seiner Burg im oberschwäbischen Grüningen, heute ein Stadtteil von Riedlingen im Landkreis Biberach. Dort steht das Obere Schloss mit Resten des stauferzeitlichen Bergfrieds mit Buckelquadern und dem Burgstall der Vorgängerburg, einer Turmhügelburg.
Seit dem 14. Jahrhundert wohnen dort die Herren von Hornstein, die das Schloss nach teilweiser Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg wiederhergestellt und erweitert haben.
Erwerb von Markgröningen
Im Jahre 1252 – sechs Jahre nach seinem Verrat bei der Schlacht bei Frankfurt – erhielt Hartmann I. von Grüningen von König Wilhelm von Holland, seit 1247 Nachfolger von Heinrich Raspe, Markgröningen als Lehen des Reiches.6 Das neu erworbene Grüningen bei Stuttgart lag hundert Kilometer entfernt von seinem Stammsitz Grüningen in Oberschwaben.
Reichssturmfahne
1257 nannte Hartmann sich Signifer Imperii (dt.: Reichssturmfahnenträger oder Reichssturmfähnrich).7 Die Reichssturmfahne war eine ursprünglich im Kampf als Feldzeichen des Heiligen Römischen Reiches geführte Reiterfahne und diente der Unterscheidung der verschiedenen kriegführenden Heere. Das Ehrenamt des Reichssturmfahnträger hing offensichtlich mit dem Besitz Markgröningen zusammen.
Hartmann von Grüningen profitierte vom Ausfall der Staufer und zählte zu den einflussreichsten schwäbischen Grafen. Er betrachtete Markgröningen als Eigengut, das er ausbaute. Er stiftete den Neubau der Stadtkirche St. Bartholomäus. Ebenso befestigte er seine oberschwäbischen Stammlande mit einer neuen, inzwischen abgegangenen Burg Landau zehn Kilometer südlich von Grüningen bei Binzwangen an der Donau.
König Rudolf von Habsburg
Nach dem Interregnum verfügte König Rudolf von Habsburg im Jahre 1273, dass alles seit 1245 entfremdete Reichsgut zurückgegeben werden müsse.
Aber Hartmann verweigerte die Rückgabe des Markgröninger Lehens an das Reich, was zu langjährigen kriegerischen Auseinandersetzungen und 1280 zu seiner Gefangennahme führte. Er wurde auf dem Hohenasperg inhaftiert wo er nach einem halben Jahr Haft verstarb.8 In der von ihm gestifteten Markgröninger Stadtkirche ist heute noch sein Grabstein zu sehen.
Grabplatte des 1280 gestorbenen Graf Hartmann von Grüningen, dem Stifter der Bartholomäuskirche Markgröningen. Dieser Grabstein gilt als ältester mit dem Hirschstangen-Wappen von Württemberg. Die Platte liegt in der Vollandkapelle in der Markgröninger Bartholomäuskirche. Die Umschrift lautet: ANNO D(omi)NI MC CLXXX IN DIE FRA(n)CISSI OB(iit) HARTMANN(us) COMES DE GRUENINGEN (dt.: Im Jahr des Herrn 1280 am Tag des Franziskus starb Hartmann, Graf von Grüningen). Der Namenstag des Hl. Franziskus ist der 4. Oktober, also verstarb der Graf am 4.10.1280. Foto: Wikipedia.
Nachdem Rudolf von Habsburg das Grüninger Reichssturmfahnlehen zurück an das Reich gebracht und Markgröningen wieder zu einer Reichsstadt gemacht hatte, verlagerten Hartmanns Nachfahren ihren Schwerpunkt notgedrungen wieder in ihre ursprünglichen Stammlande in Oberschwaben. Sie nannten sich fortan von Grüningen-Landau und später nur noch von Landau nach ihrer Burg an der Donau.
Wappen des Herzogs von Württemberg auf dem 1995 rekonstruierten Denkmal an der Alten Weinsteige 98 in Stuttgart, das erste Werk von Markus Wolf. Das vierteilige Wappen zeigt drei Hirschstangen (Württemberg), Rauten (Teck), Reichssturmfahne (Markgröningen) und zwei Barben (Mömpelgard). |
Graf Ulrich III. von Württemberg
1336 kaufte Graf Ulrich III. von Württemberg die Stadt Markgröningen vom Reich. Damit ging auch die Reichssturmfahne an Württemberg. Die Württemberger betrachteten die zunehmend symbolische Trägerschaft der Reichssturmfahne als ein Reichsamt ähnlich den Erzämtern des Reiches. Seit der Erhebung von Eberhard im Bart zum Herzog 1495 gehörte die Reichssturmfahne zum Wappen Württembergs.
Ernst zu nehmende Gründe für eine Stauferstele in Markgröningen werden von deren Inschriften nicht geliefert:
- Es wird von zwei Ereignissen in den Jahren 1139 und 1189 berichtet, die den Stauferkönig Philipp von Schwaben und Kaiser Friedrich I. Barbarossa betreffen, bei denen aber fraglich ist, ob sie tatsächlich mit Markgröningen im Zusammenhang stehen (Details siehe unten).
- Die Schlacht bei Frankfurt im Jahre 1246 hatte zwar für die Staufer fatale Folgen, die Stadt Markgröningen war aber in keinster Weise daran beteiligt.
- Dass Markgröningen im 13. Jahrhundert einen Schultheiß namens Gottfried hatte und von 1252 bis 1280 im Besitz eines der beiden Verräter der Schlacht bei Frankfurt war, hat keine Relevanz für die Geschichte der Staufer.
Einzig die Tatsache, dass Hartmann I. von Grüningen, der mit seinem Verrat bei der Schlacht bei Frankfurt zum Untergang der Staufer beigetragen hat, später in den Besitz von Markgröningen kam, ist eine zweifelsfreie, aber eher dürftige Verbindungslinie zur Geschichte der Staufer.
Erläuterung der Inschriften
Ungewiss ist daher auch der Übergang eines Hofes der elsässischen Abtei Murbach im Jahre 1189 an Konrads Neffen und Nachfolger, Kaiser Friedrich I. Barbarossa. Denn es ist nicht zu entscheiden, ob die in partibus Suevie (dt.: in Schwaben) gelegene curia magna Grueningen sive Gruenowe dicta (dt.: großer Hof namens Grüningen oder Grünowe) mit den ihr zugehörenden 250 milites (dt.: Ritter), die dem Kaiser in jenem Jahr von Abt Widerolt von Murbach übergeben worden sein soll, tatsächlich in Markgröningen gesucht werden darf.11 – Insofern sind diese Texte der Stauferstele spekulativ.
EU-Kommissar Günther Oettinger (rechts) bei der Einweihung der Stauferstele in Markgröningen. Ganz links Bürgermeister Rudolf Kürner und in der Mitte Bildhauer Markus Wolf. Foto: Wikipedia.
Markgröningen. Als Stadt (lat.: civitas) wird Markgröningen (Grouninge) im 13. Jahrhundert in dem Werk von Lambert von Trier Über Leben, Übertragung, Auffindung und Wunder des hl. Apostels Matthias in fünf Büchern (lat.: De vita, translatione, inventione ac miraculis sancti Matthiae apostoli libri quinque) erstmals erwähnt. Der lateinische Text besagt, dass im Bistum Speyer eine Stadt ist, die Gruoninge genannt wird und einen Schultheiß namens Gottfried (lat.: scultetus Godefridus) hat. Dieser Beleg ist mit einiger Sicherheit Markgröningen zuzuordnen, wobei die Datierung auf der Stele UM 1226 nicht nachvollziehbar ist.12
Hirschstangen. Graf Hartmann von Grüningen (nach Landau, wie auf der Stele steht, nannten sich erst seine Nachfahren) und Graf Ulrich I. von Wirtemberg (heute Württemberg) liefen, wie oben ausführlich beschrieben, 1246 vor Frankfurt verräterisch vom Heer König Konrads IV. zu dessen Gegenkönig Heinrich Raspe über. Sie trugen damit zum Untergang der Staufer bei.
Reichssturmfahne. Graf Hartmann von Grüningen (nach Landau, wie auf der Stele steht, nannten sich erst seine Nachfahren) erhielt 1252 von Wilhelm von Holland, einem weiteren Gegenkönig von Konrad IV., Markgröningen als Reichslehen. 1257 nannte er sich Träger der Reichssturmfahne (lat.: sacri imperii signifer). – Nach dem Interregnum verweigerte er dem neuen König Rudolf von Habsburg die Rückgabe des Grüninger Lehens an das Reich, was 1280 zu seiner Gefangennahme führte. Er wurde auf dem Hohenasperg inhaftiert, wo er nach einem halben Jahr Haft verstarb. Er ist in der von ihm erbauten Bartholomäuskirche begraben. – Der Bildhauer Markus Wolf machte (lat.: fecit) die Stauferstele 2012.
1. | Sönke Lorenz: Graf Ulrich von Württemberg, die Schlacht von Frankfurt (1246) und der Aufstieg der Grafen von Württemberg. In: Karl-Heinz Ruess (Hrsg.): Konrad IV. (1228-1254) Deutschlands letzter Stauferkönig, Göppingen 2012, S. 71-85, hier: S. 72. |
2. | Friedrich von Raumer: Kaiser Friedrich II. der Hohenstaufe und seine Zeit. Berlin 1943, S. 418. |
3. | Sönke Lorenz (2012) S. 73. |
4. | Sönke Lorenz: Die Grafen von Grüningen-Landau (Mitte des 13. bis Anfang des 15. Jahrhunderts). In: Sönke Lorenz u.a. (Hrsg.): Das Haus Württemberg. Ein biographisches Lexikon, Stuttgart 1997, S. 45-62, hier: S. 50. |
5. | Walter Bleicher: Die Burgen derer von Hornstein und Hertenstein. In: Heimatkundliche Blätter für den Kreis Biberach, 3. Jahrgang (1980) Heft 2, S. 6-10, hier: S. 7. |
6. | ebd. S. 50-51. |
7. | ebd. S. 51. |
8. | ebd. S. 51. |
9. | Max-Planck-Institut (Hrsg.): Die deutschen Königspfalzen. Band 3.1: Baden-Württemberg. Göttingen 2004, S. 392. |
10. | ebd. S. 394. – Die Verortung von Groningen in Markgröningen findet man bei Wilhelm Bernhardi: Konrad III. Erster Theil 1138-1145. Leipzig 1883, S. 119-120. |
11. | ebd. S. 397. |
12. | ebd. S. 389 u. 402. |
Stifter der Stauferstele
Annemarie und Heinz Griesinger
In memoriam Dr. Hermann Roemer (1880-1958)
Einweihung: 21. April 2012