BESIGHEIM 2011

Die Stauferstele steht am oberen Ende der Altstadt, im Hintergrund die Westseite der gotischen Evangelischen Stadtkirche. Die Adresse ist Pfarrgasse 26.

Inschriften der 13. Stauferstele

Wappen des Reichs

FRIEDRICH I.
BARBAROSSA
AUS DEM HAUSE
HOHENSTAUFEN
1147 HERZOG
VON SCHWABEN
1152 DEUTSCHER KÖNIG
1155 KAISER
DES HEILIGEN
RÖMISCHEN REICHS
DEUTSCHER NATION
—————————————
SCHENKT
AM 12. JULI 1153
DEM MARKGRAFEN
HERMANN III.
VON BADEN
AUS DEM HAUSE
ZÄHRINGEN
DEN HERRENHOF
BESIGHEIM



Wappen von Besigheim

CVRTIS BASINCHEIM
DER HERRENHOF WAR
ZUVOR IM BESITZ DES
KLOSTERS ERSTEIN
IM ELSASS
ALS SCHENKUNG
DER KAISERIN
AGNES
†1077
GEMAHLIN VON KAISER
HEINRICH III.
†1056
—————————————
GRÜNDUNG UND AUSBAU
DER STADT
DURCH MARKGRAF
HERMANN V.
VON BADEN
†1243
UNTER FRIEDRICH I.
BARBAROSSA †1190
UND SEINEN SÖHNEN
HEINRICH VI. †1197
UND PHILIPP
VON SCHWABEN †1208
UND SEINEM ENKEL
FRIEDRICH II. †1250



Wappen von Baden

MARKGRAF
HERMANN V.
VON BADEN †1243
WAR ·FAMILIARIS·
ENGER VERTRAUTER
VON KAISER
FRIEDRICHS II.
SOHN KÖNIG
HEINRICH (VII.)
†1242
—————————————
DAS HAUS BADEN
STAND TREU
AN DER SEITE
DER HOHENSTAUFEN
BIS ZU DEREN
UNTERGANG
MIT DEM TOD
DES KÖNIGS
KONRADIN
†1268
———————————————————
GESTIFTET VON DR. ULRICH HARTMANN
1967 BIS 1996 LANDRAT VON LUDWIGSBURG
MARKUS WOLF FEDIT MMXI



Wappen des Herzogtums Schwaben

FRIEDRICH
SOHN VON
HERMANN VI.
MARKGRAF
VON BADEN
UND HERZOG
VON
ÖSTERREICH
†1250
—————————————
HINGERICHTET
GEMEINSAM MIT
DEM LETZTEN STAUFER
KONRADIN
KÖNIG
VON JERUSALEM
UND SIZILIEN
HERZOG
VON SCHWABEN
AUF DEM MARKTPLATZ
VON NEAPEL
AM 29. OKTOBER 1268
·KONRADIN!
WIE DU FIELST
SO FALLEN STARKE·
FRIEDRICH HÖLDERLIN

Hintergrundinformationen zur Stauferstele

Die Stauferstele steht am oberen Ende der Altstadt vor dem Steinhaus (ehemaliger Palas der Burg) und dem 1220 erbauten Schochenturm.

Erstmals schriftlich erwähnt wurde Besigheim in einer Urkunde, die am 12. Juli 1153 im elsässischen Kanonissenstift Erstein bei Straßburg erstellt wurde. Der Stauferkönig und spätere Kaiser Friedrich I. Barbarossa bestätigte in dieser Urkunde, dass die Ersteiner Äbtissin Bertha durch ihn und den Klostervogt Graf Hugo von Dagsburg den curtium Basincheim (dt.: Hof Besigheim), den Kaiserin Agnes (Ehefrau des Salierkaisers Heinrich III.) einst dem Kloster übergeben hatte, an den Markgrafen Hermann von Baden zu freiem Eigen geschenkt hat.

Stadtmauer und -türme der aus diesem Hof entstandenen Siedlung wurden spätestens bis 1220 errichtet. In dieser Zeit wird wahrscheinlich auch das Stadtrecht verliehen worden sein. Der historische Siedlungskern liegt in der Unterstadt, die Oberstadt ist vermutlich beim Ausbau zur Stadt planmäßig angelegt worden.

Mit vier Fehlinformationen hält die Besigheimer Stauferstele zusammen mit der in Rothenburg den unrühmlichen Rekord auf der Liste der Errata.

Erläuterung der Inschriften

Erratum 1 und Erratum 2

Reichsadler. Die Inschrift erweckt irreführender Weise den Eindruck, als habe der damalige König und spätere Kaiser Friedrich I. Barbarossa etwas verschenkt, was ihm zuvor selbst gehört hat. Dem war nicht so. Der curtis Basincheim (dt.: Hof Besigheim) gehörte vielmehr dem Kloster Erstein im Elsass. Barbarossa vollzog und bestätigte am 12. Juli 1153 auf Bitte der Ersteiner Äbtissin Bertha die Schenkung des Klosters an den Markgraf Hermann III. von Baden (*1105 †1160).1

Das zweite Erratum ist die Behauptung, Markgraf Hermann III. von Baden stamme AUS DEM HAUSE ZÄHRINGEN ab. Tatsächlich war es sein Großonkel Berthold II., der mit der wohl von ihm erbauten Burg Zähringen bei Freiburg die Linie begründete, die sich nach dieser Stammburg Herzöge von Zähringen nannte. Richtig ist, dass Badener und Zähringer in Berthold I., Herzog von Kärnten und Markgraf von Verona, einen gemeinsamen Vorfahren haben:

Berthold I. Herzog von Kärnten, Markgraf von Verona († 1078)
Hermann I. Markgraf von Verona († 1074)
Hermann II. Markgraf von Baden († vor 1130)
Hermann III. Markgraf von Baden († 1160)Markgrafen von Baden (bis heute)
Berthold II. Herzog von Zähringen († 1111) Herzöge von Zähringen (1218 erloschen)

Ersteiner Schenkungsurkunde von 1153. Bild: Landesarchiv Baden-Württemberg.

Die Herzöge von Zähringen starben 1218 aus. Als aber Karl Friedrich Markgraf von Baden im Jahre 1806 den Titel eines Großherzogs annahm, legte er sich zugleich den Titel eines Herzogs von Zähringen zu. Dieser Vereinnahmung der Zähringer-Tradition durch die Badener sitzt die Literatur gelegentlich noch heute auf, wenn behauptet wird, die Markgrafen von Baden stammten aus dem Geschlecht der Zähringer.2 Dieses Erratum wurde 2014 auch in die Stauferstele Baden-Baden eingemeißelt.

Besigheim. Das Kloster Erstein hatte diesen Hof, den es 1153 unter Mitwirkung Barbarossas an den Markgraf von Baden verschenkte, im 11. Jahrhundert von der Ehefrau des Salierkaisers Heinrich III. erhalten. – Markgraf Hermann V. von Baden (†1243, Enkel von Hermann III.) gründete die Siedlung und baute sie in der Zeit, in der die auf der Stele genannten Staufer regierten, zur Stadt aus.

Erratum 3

Baden. Dass Markgraf Hermann V. von Baden ein ·FAMILIARIS· ENGER VERTRAUTER von König Heinrich (VII.) gewesen sei, täuscht als drittes Erratum eine Harmonie vor, von der keine Rede sein kann. Denn Heinrich (VII.) wollte nach seiner Regierungsübernahme dem Markgrafen das Lehen der Stadt Ettlingen entziehen und die an Hermann für 2300 Mark Silber verpfändeten Städte Eppingen, Sinsheim und Lauffen für nur 1300 Mark zurückholen. Hermanns ältesten Sohn nahm er als Geisel. Hermann reiste 1234 heimlich über die Alpen zu Kaiser Friedrich II., der ihm um 1219/1220 diese Städte überlassen hatte. In einer in Apulien ausgestellten Urkunde annullierte der Kaiser diese Verfügungen seines Sohnes.3 Diese Irreführung steht auch auf der Stauferstele Baden-Baden und der Stauferstele Ettlingen.

Das vierte Erratum ist die Behauptung, das Haus Baden sei treu an der Seite der Staufer bis zu deren Untergang gestanden. Friedrich von Baden-Österreich, der zusammen mit Konradin hingerichtet wurde und auf der nächsten Inschriftenseite genannt wird, trug nur leere Titel, denn in Baden regierte sein Onkel Rudolf I. die Markgrafschaft.

Erratum 4

Markgraf Rudolf I. von Baden, Sohn von Hermann V., stand von 1246 bis zum Untergang der Staufer auf der Seite der Staufergegner: Nach der Niederlage des Stauferkönigs Konrad IV. bei der Schlacht bei Frankfurt trat der Markgraf 1246 auf die Seite des Gegenkönigs Heinrich Raspe über. Später war Rudolf ein Anhänger von Richard von Cornwall, der ihm auch 1258 für die Stadt Steinbach das Marktrecht verlieh.4

Auf dem Sockel steht, dass der Bildhauer Markus Wolf die Stauferstele im Jahr 2011 machte (lat.: fecit).

Stauferlöwen. Friedrich von Baden-Österreich, (*1249 †1268, Sohn von Hermann VI. und Enkel von Hermann V.), an den auch die Stauferstelen in Klosterneuburg und Baden-Baden erinnern, wurde gemeinsam mit Konradin, König von Jerusalem und Sizilien und Herzog von Schwaben, 1268 auf dem Marktplatz von Neapel im Alter von neunzehn Jahren enthauptet. Zu den weiteren hingerichteten Getreuen Konradins gehörte auch Friedrich von Hürnheim, dem die Stauferstele bei der Burg Niederhaus gewidmet ist. – Das Zitat von Hölderlin stammt aus dessen Elegie Stuttgart an Siegfried Schmidt aus dem Jahr 1802, in der es im dritten Vers heißt:

Andres erwacht! ich muß die Landesheroen ihm nennen!
Barbarossa! dich auch, gütiger Christoph, und dich,
Konradin! wie du fielst, so fallen Starke, der Efeu
Grünt am Fels und die Burg deckt das bacchantische Laub,
Doch Vergangenes ist, wie Künftiges, heilig den Sängern,
Und in Tagen des Herbsts sühnen die Schatten wir aus.

Siehe auch: Das "staufische" Königreich Jerusalem.

1.  MGH DD F I, Band 1, Nr. 65.
2.  Armin Kohnle: Kleine Geschichte der Markgrafschaft Baden, Karlsruhe 2007, S. 21 f und S. 24.
3.  Rüdiger Stenzel: Ettlingen: Von der Gründungsstadt der Staufer zur landesherrlichen Stadt der Markgrafen von Baden. In: Museumsgesellschaft Ettlingen e. V. und Stadtgeschichtliche Kommission Ettlingen (Hrsg.): Ettlinger Hefte. Sonderheft 3 Festschrift 800 Jahre Stadt Ettlingen S. 5-40. Ettlingen 1992, hier: S. 21ff. PDF 5.005 KB
4.  Gottfried Peter Rauschnick: Handbuch der Special-Geschichte sämmtlicher deutscher Staaten alter und neuer Zeit: Baiern, Schwaben, Würtemberg, Baden, Pfalz, Schweiz, Oesterreich, Band 1. Mainz 1828, S. 163.
Wolfgang Menzel: Geschichte der Deutschen bis auf die neuesten Tage. Cotta 1837, S. 336.
Heinrich August Pierer: Supplemente zum Universal-Lexikon oder Encyclopädischem Wörterbuch der Wissenschaften, Künste und Gewerbe: Aa - Bronchophonie, Band 1. Altenburg 1841, S. 411.

Abweichung vom ursprünglichen Stauferstelen-Konzept

In Besigheim steht die dreizehnte und gleichzeitig erste Stauferstele, die abgesehen von ihren zahlreichen Errata in zweierlei Hinsicht vom ursprünglichen Konzept abweicht.

Erstens wird auf der Stauferstele in Besigheim nicht mehr wie bisher auf die anderen bereits existierenden Stelen hingewiesen. Bei allen Stelen ab Besigheim ist für den Betrachter nicht mehr zu erkennen, dass dieses Denkmal zu einem Netzwerk gehört, das in dieser Form weltweit einmalig ist. Stattdessen präsentiert sich jede dieser Stelen nur noch als beliebiges Einzeldenkmal, ohne auf das Alleinstellungsmerkmal ihres Kontextes hinzuweisen.

Die zwölfte Stauferstele, die in Rothenburg steht, ist die letzte, bei der auf dem Sockel auf die zu diesem Zeitpunkt bereits errichteten anderen Stauferstelen verwiesen wird.

Komitee der Stauferfreunde: Stauferfreunde stiften Stauferstelen, Gerlingen 2014, S. 12.

Zweitens wurde in Besigheim die ursprüngliche Idee des am 1. Juni 2002 auf dem Hohenstaufen gegründeten Komitees, ein Netzwerk solcher Denkmäler an Europas herausragendsten Stauferstätten zu errichten, aufgegeben. Denn egal, wieviele Staufer auf der Besigheimer Stele genannt werden, reduziert sich der tatsächliche Bezug zu den Staufern auf die 1153 im elsässischen Kloster Erstein von Friedrich I. Barbarossa bestätigte Schenkung eines Hofes des Klosters an den Markgraf von Baden. Dies wird auf der Stele fälschlich als eine Schenkung von Barbarossa selbst an den Markgraf dargestellt, wohl um dieses Ereignis bedeutungsvoller erscheinen zu lassen, als es tatsächlich ist.

Alles andere, was auf der Stele über die Beziehung zwischen den Badenern und den Staufern – einschließlich der Enthauptung Konradins in Neapel – berichtet wird, hat nichts mit Besigheim zu tun.

Der Besitzwechsel eines Herrenhofes vom Kloster Erstein an den Markgraf von Baden im Jahre 1153 mag für Besigheim ein zentrales historisches Ereignis sein, aber für die Geschichte der Staufer ist er ohne große Bedeutung.

Stifter der Stauferstele

Dr. Ulrich Hartmann

Einweihung: 7. Mai 2011


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