BESIGHEIM 2011
Die Stauferstele steht am oberen Ende der Altstadt, im Hintergrund die Westseite der gotischen Evangelischen Stadtkirche. Die Adresse ist Pfarrgasse 26.
Inschriften der 13. Stauferstele
Wappen des Reichs FRIEDRICH I. | ||
CVRTIS BASINCHEIM | ||
MARKGRAF | ||
FRIEDRICH |
Hintergrundinformationen zur Stauferstele
Die Stauferstele steht am oberen Ende der Altstadt vor dem Steinhaus (ehemaliger Palas der Burg) und dem 1220 erbauten Schochenturm.
Erstmals schriftlich erwähnt wurde Besigheim in einer Urkunde, die am 12. Juli 1153 im elsässischen Kanonissenstift Erstein bei Straßburg erstellt wurde. Der Stauferkönig und spätere Kaiser Friedrich I. Barbarossa bestätigte in dieser Urkunde, dass die Ersteiner Äbtissin Bertha durch ihn und den Klostervogt Graf Hugo von Dagsburg den curtium Basincheim (dt.: Hof Besigheim), den Kaiserin Agnes (Ehefrau des Salierkaisers Heinrich III.) einst dem Kloster übergeben hatte, an den Markgrafen Hermann von Baden zu freiem Eigen geschenkt hat.
Stadtmauer und -türme der aus diesem Hof entstandenen Siedlung wurden spätestens bis 1220 errichtet. In dieser Zeit wird wahrscheinlich auch das Stadtrecht verliehen worden sein. Der historische Siedlungskern liegt in der Unterstadt, die Oberstadt ist vermutlich beim Ausbau zur Stadt planmäßig angelegt worden.
Mit vier Fehlinformationen hält die Besigheimer Stauferstele zusammen mit der in Rothenburg den unrühmlichen Rekord auf der Liste der Errata.
Erläuterung der Inschriften
Erratum 1 und Erratum 2
Das zweite Erratum ist die Behauptung, Markgraf Hermann III. von Baden stamme AUS DEM HAUSE ZÄHRINGEN ab. Tatsächlich war es sein Großonkel Berthold II., der mit der wohl von ihm erbauten Burg Zähringen bei Freiburg die Linie begründete, die sich nach dieser Stammburg Herzöge von Zähringen nannte. Richtig ist, dass Badener und Zähringer in Berthold I., Herzog von Kärnten und Markgraf von Verona, einen gemeinsamen Vorfahren haben:
Berthold I. Herzog von Kärnten, Markgraf von Verona († 1078) | |||||
⇒ | Hermann I. Markgraf von Verona († 1074) | ||||
⇒ | Hermann II. Markgraf von Baden († vor 1130) | ||||
⇒ | Hermann III. Markgraf von Baden († 1160) | ⇒ | Markgrafen von Baden (bis heute) | ||
⇒ | Berthold II. Herzog von Zähringen († 1111) | ⇒ | Herzöge von Zähringen (1218 erloschen) |
Ersteiner Schenkungsurkunde von 1153. Bild: Landesarchiv Baden-Württemberg.
Besigheim. Das Kloster Erstein hatte diesen Hof, den es 1153 unter Mitwirkung Barbarossas an den Markgraf von Baden verschenkte, im 11. Jahrhundert von der Ehefrau des Salierkaisers Heinrich III. erhalten. – Markgraf Hermann V. von Baden (1243, Enkel von Hermann III.) gründete die Siedlung und baute sie in der Zeit, in der die auf der Stele genannten Staufer regierten, zur Stadt aus.
Erratum 3
Das vierte Erratum ist die Behauptung, das Haus Baden sei treu an der Seite der Staufer bis zu deren Untergang gestanden. Friedrich von Baden-Österreich, der zusammen mit Konradin hingerichtet wurde und auf der nächsten Inschriftenseite genannt wird, trug nur leere Titel, denn in Baden regierte sein Onkel Rudolf I. die Markgrafschaft.
Erratum 4
Auf dem Sockel steht, dass der Bildhauer Markus Wolf die Stauferstele im Jahr 2011 machte (lat.: fecit).
Stauferlöwen. Friedrich von Baden-Österreich, (*1249 1268, Sohn von Hermann VI. und Enkel von Hermann V.), an den auch die Stauferstelen in Klosterneuburg und Baden-Baden erinnern, wurde gemeinsam mit Konradin, König von Jerusalem und Sizilien und Herzog von Schwaben, 1268 auf dem Marktplatz von Neapel im Alter von neunzehn Jahren enthauptet. Zu den weiteren hingerichteten Getreuen Konradins gehörte auch Friedrich von Hürnheim, dem die Stauferstele bei der Burg Niederhaus gewidmet ist. – Das Zitat von Hölderlin stammt aus dessen Elegie Stuttgart an Siegfried Schmidt aus dem Jahr 1802, in der es im dritten Vers heißt:
Andres erwacht! ich muß die Landesheroen ihm nennen!
Barbarossa! dich auch, gütiger Christoph, und dich,
Konradin! wie du fielst, so fallen Starke, der Efeu
Grünt am Fels und die Burg deckt das bacchantische Laub,
Doch Vergangenes ist, wie Künftiges, heilig den Sängern,
Und in Tagen des Herbsts sühnen die Schatten wir aus.
Siehe auch: Das "staufische" Königreich Jerusalem.
1. | MGH DD F I, Band 1, Nr. 65. |
2. | Armin Kohnle: Kleine Geschichte der Markgrafschaft Baden, Karlsruhe 2007, S. 21 f und S. 24. |
3. | Rüdiger Stenzel: Ettlingen: Von der Gründungsstadt der Staufer zur landesherrlichen Stadt der Markgrafen von Baden. In: Museumsgesellschaft Ettlingen e. V. und Stadtgeschichtliche Kommission Ettlingen (Hrsg.): Ettlinger Hefte. Sonderheft 3 Festschrift 800 Jahre Stadt Ettlingen S. 5-40. Ettlingen 1992, hier: S. 21ff. PDF 5.005 KB |
4. | Gottfried Peter Rauschnick: Handbuch der Special-Geschichte sämmtlicher deutscher Staaten alter und neuer Zeit:
Baiern, Schwaben, Würtemberg, Baden, Pfalz, Schweiz, Oesterreich, Band 1. Mainz 1828, S. 163. Wolfgang Menzel: Geschichte der Deutschen bis auf die neuesten Tage. Cotta 1837, S. 336. Heinrich August Pierer: Supplemente zum Universal-Lexikon oder Encyclopädischem Wörterbuch der Wissenschaften, Künste und Gewerbe: Aa - Bronchophonie, Band 1. Altenburg 1841, S. 411. |
Abweichung vom ursprünglichen Stauferstelen-Konzept
In Besigheim steht die dreizehnte und gleichzeitig erste Stauferstele, die abgesehen von ihren zahlreichen Errata in zweierlei Hinsicht vom ursprünglichen Konzept abweicht.
Erstens wird auf der Stauferstele in Besigheim nicht mehr wie bisher auf die anderen bereits existierenden Stelen hingewiesen. Bei allen Stelen ab Besigheim ist für den Betrachter nicht mehr zu erkennen, dass dieses Denkmal zu einem Netzwerk gehört, das in dieser Form weltweit einmalig ist. Stattdessen präsentiert sich jede dieser Stelen nur noch als beliebiges Einzeldenkmal, ohne auf das Alleinstellungsmerkmal ihres Kontextes hinzuweisen.
Die zwölfte Stauferstele, die in Rothenburg steht, ist die letzte, bei der auf dem Sockel auf die zu diesem Zeitpunkt bereits errichteten anderen Stauferstelen verwiesen wird.
Komitee der Stauferfreunde: Stauferfreunde stiften Stauferstelen, Gerlingen 2014, S. 12.
Zweitens wurde in Besigheim die ursprüngliche Idee des am 1. Juni 2002 auf dem Hohenstaufen gegründeten Komitees, ein Netzwerk solcher Denkmäler an Europas herausragendsten Stauferstätten zu errichten, aufgegeben. Denn egal, wieviele Staufer auf der Besigheimer Stele genannt werden, reduziert sich der tatsächliche Bezug zu den Staufern auf die 1153 im elsässischen Kloster Erstein von Friedrich I. Barbarossa bestätigte Schenkung eines Hofes des Klosters an den Markgraf von Baden. Dies wird auf der Stele fälschlich als eine Schenkung von Barbarossa selbst an den Markgraf dargestellt, wohl um dieses Ereignis bedeutungsvoller erscheinen zu lassen, als es tatsächlich ist.
Alles andere, was auf der Stele über die Beziehung zwischen den Badenern und den Staufern – einschließlich der Enthauptung Konradins in Neapel – berichtet wird, hat nichts mit Besigheim zu tun.
Der Besitzwechsel eines Herrenhofes vom Kloster Erstein an den Markgraf von Baden im Jahre 1153 mag für Besigheim ein zentrales historisches Ereignis sein, aber für die Geschichte der Staufer ist er ohne große Bedeutung.
Stifter der Stauferstele
Dr. Ulrich Hartmann
Einweihung: 7. Mai 2011
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