HEILBRONN 2014
Die Stauferstele steht in der Eichgasse am Otto Rettenmaier Haus (im Hintergrund), das diesen Namen trägt, weil 2012 die Ausstellungsfläche im Erdgeschoss durch eine 3-Millionen-Euro-Spende von Otto Rettenmaier zum Haus der Stadtgeschichte umgestaltet werden konnte. Die Stele wurde zu Ehren des 87-jährigen Unternehmers von seinen Kindern gestiftet. – Die Adresse ist Eichgasse 1.
Inschriften der 24. Stauferstele
Wappen von Heilbronn 'VILLA HELIBRUNNA' | ||
HERZOG | ||
HEINRICH (VII.) | ||
DEUTSCHER RITTERORDEN GEGRÜNDET UM 1198 IM HEILIGEN LAND ————————————— DIE KOMMENDE HEILBRONN DES DEUTSCHORDENS ENTSTEHT UM 1225 AUS DEM BESITZ DES ORDENSRITTERS ULRICH II. VON DÜRN BEGINN DES BAUS EINER KIRCHE ALS KEIMZELLE DES MÜNSTERS SANKT PETER UND PAUL ——————————————————— MARKUS WOLF FECIT MMXIV |
Hintergrundinformationen zur Stauferstele
Wie flächendeckend die historische Altstadt Heilbronns beim Luftangriff vom 4. Dezember 1944 zerstört wurde, erkennt man auch in der Eichgasse. Im Hintergrund der in der Renaissance mit reichem Figurenschmuck ergänzte und nach dem Krieg wiederhergestellte Westturm der Kilianskirche, einer gotischen Hallenkirche aus dem 15. Jahrhundert.
Heilbronn hat schon zur Zeit Karls des Großen als Dorf existiert. Der Name Helibrunna, Heilicbrunno oder Heilecbrunnen deutet auf einen Brunnen oder eine Quelle, die Wasser lieferte, das als heilig oder heilsam angesehen wurde. Vielleicht handelt es sich um den Kirchbrunnen, der früher in der Kirchbrunnenstraße unweit von der Kilianskirche war.
Zu den Staufern gibt es insofern einen Bezug, als der vom Stauferkönig Heinrich (VII.) mit dem Bistum Würzburg abgeschlossene Nordhäuser Vertrag im Jahr 1225 eine wichtige Etappe auf dem Weg zur Stadtrechtsverleihung im Jahr 1281 durch König Rudolf von Habsburg war. Außerdem werden in einem von Friedrich I. Barbarossa für seinen Sohn arrangierten Heiratsvertrag, der allerdings nie in die Praxis umgesetzt wurde, zwei Dörfer in der Nähe des damaligen Heilbronn erwähnt.
Erläuterung der Inschriften
Heilbronn. Erstmals erwähnt wird Heilbronn im Jahr 822 in einer Urkunde Ludwigs des Frommen. Ludwig, Sohn und Nachfolger Karls des Großen, bestätigte in dieser Urkunde rückwirkend eine Schenkung aus dem Jahre 741: Das neu gegründete Bistum Würzburg erhielt damals von Ludwigs Großvater Pippin und dessen Bruder Karlmann eine Reihe von Dörfern und Kirchen geschenkt, darunter auch die Michael-Kirche in Heilbronn. In der Urkunde von 822 heißt es: Seu et in ipso pago basilicam in villa Helibrunna in honore sancti Michahelis archangeli constructam unacum appendiciis suis. (dt.: Ebenso und in diesem Gau die Kirche im Dorf Heilbronn, zur Ehre des heiligen Michael des Erzengels erbaut, mit ihrem Zubehör.)
Erste Erwähnung in einer Urkunde Ludwigs des Frommen, Sohn Karls der Großen, im Jahr 822 als villa Helibrunna. Foto: Wikipedia.
Ludwig der Deutsche, Sohn von Ludwig dem Frommen, hielt am 18. August 841 in Heilbronn Hof und lud die Alamannen hierzu ein, um seine Macht anerkennen zu lassen. In einer von Ludwig für Abt Gozbald ausgestellten Urkunde wird die Stadt als Ausstellungsort zum zweiten Mal erwähnt: actum Heilicbrunno palatio regio (dt.: Geschehen in Heilbronn bei der Pfalz.)
Stadtmauer um 1100 (Stadtarchiv Heilbronn). |
Die Stadtmauer entstand wahrscheinlich schon im 11. Jahrhundert. Um 1100, also vor der Zeit der Staufer, hatte Heilbronn jedenfalls schon einen Markt, eine Münzstätte und einen Hafen. – Sicherlich wurde die Stadtmauer in der Stauferzeit im 12. und 13. Jahrhundert erweitert und besser befestigt. Auf dem etwa zwei Kilometer nördlich gelegenen Wartberg wurde im 12. Jahrhundert der Wartbergturm als Wachturm angelegt. Der ebenfalls heute noch erhaltene Bollwerksturm im Nordwesten der Altstadt geht wahrscheinlich in das 13. Jahrhundert zurück, während der Götzenturm im Südwesten poststaufisch ist.
Die '1291' ist der erste von zahlreichen Fehlern auf Stauferstelen, der nachträglich korrigiert wurde. Dem Bildhauer ist es gelungen, die '9' so in eine '8' umzuarbeiten, dass wohl kaum jemand die Nachbesserung bemerkt. |
Stauferlöwen. Kaiser Friedrich I. Barbarossa wies im Jahre 1188 in einem Ehevertrag seinem Sohn Konrad verschiedene Besitztümer als Bestandteil der Morgengabe für die Braut zu. Hierzu gehörten auch alodium in Flina und alodium in Sunthein. Dabei handelt es sich um sogenanntes Allod (freies Eigentum) an zwei Dörfern, die damals aber nicht zu Heilbronn gehörten. Heute ist Flein eine selbständige Gemeinde im Landkreis Heilbronn und Sontheim der drittgrößte Stadtteil von Heilbronn. Kaiser Friedrich I. Barbarossa vereinbarte 1188 im Seligenstädter Vertrag die Verlobung seines 1172 geborenen Sohnes, des späteren Herzog Konrad II. von Schwaben, mit Berengaria, Tochter von König Alfons VIII. von Kastilien. Die Übergabe staufischen Besitzes an die Braut wird in der Urkunde als donatio propter nuptias bezeichnet, womit eine Zuwendung des Ehemanns an die Frau als Witwenvorsorge (Morgengabe) gemeint ist. Allerdings ist dieser Ehevertrag nicht verwirklicht worden. – Siehe auch: Vertrag von Seligenstadt 1188.
Reichsadler. 1225 gab das Bistum Würzburg seinen Heilbronner Besitz, der die Stadt Heilbronn sowie das im Mittelalter abgegangene Dorf Altböckingen (nicht zu verwechseln mit dem heutigen Stadtteil Böckingen) umfasste, sowie vier Orte in der Nähe von Würzburg als Lehen an den Stauferkönig Heinrich (VII.). Wahrscheinlich ging es um die Rückgabe eines Reichslehens, das die Würzburger Bischöfe inzwischen als ihr Eigentum betrachteten. Durch diesen Vertrag wurde dieses Lehen nicht an den König zurückgegeben, sondern der König wurde zum Lehensmann des Würzburger Bischofs, ein seltsames Konstrukt, das eine Umkehrung der üblichen Lehenspyramide bedeutete. De facto verlor das Bistum Würzburg damit jedoch jeglichen Anspruch auf Heilbronn.
Der auf den 27. Juli 1225 datierte im thüringischen Nordhausen beurkundete Nordhäuser Vertrag benennt diesen Besitz oppidum Heilecbrunnen et villa Bochingen. Unter einem Oppidum verstand man üblicherweise eine mit Mauern und Gräben befestigte Stadt, während Böckingen als villa (dt.: Dorf) bezeichnet wird.
Über den Nordhäuser Vertrag von Heinrich (VII.) im Jahr 1225 (links) und die Stadtrechtsverleihung durch Rudolf von Habsburg im Jahr 1281 (rechts) entwickelte sich Heilbronn zur Reichsstadt.
Deutscher Orden. Beim 3. Kreuzzug herrschten im Lager der Kreuzfahrer bei Akkon um 1190 untragbare hygienische Verhältnisse. Kreuzfahrer aus Bremen und Lübeck gründeten daher dort ein Feldspital. Das Hospital blieb auch nach der Eroberung Akkons bestehen. 1198 wurde die Gemeinschaft der einstigen Krankenpfleger nach dem Vorbild der Templer und Johanniter in den Stand eines Ritterordens erhoben. Der Orden existiert heute noch und hat über 1000 Mitglieder, darunter 100 Priester und 200 Ordensschwestern, die sich vorwiegend karitativen Aufgaben widmen. Der Hauptsitz befindet sich heute in Wien.
Der vollständige Name lautet Ordo fratrum domus Sanctae Mariae Teutonicorum Ierosolimitanorum (dt.: Orden der Brüder vom Deutschen Haus Sankt Mariens in Jerusalem), die Kurzbezeichnung Ordo Teutonicus (dt.: Deutscher Orden).
1219 gingen die Lehen der Grafen von Lauffen durch Heirat an Konrad I. von Dürn über, darunter auch deren Güter in Heilbronn. Konrads Bruder Ulrich II. von Dürn trat 1224 in den Deutschen Orden ein und wurde von seiner Familie mit Grundbesitz in Heilbronn ausgestattet, so dass ab 1225 der Deutschhof als Niederlassung (sog. Kommende mit Betonung auf der zweiten Silbe) des Ordens errichtet werden konnte.
Um 1225 wurde auf den Fundamenten eines Vorgängerbaus aus dem 11./12. Jahrhundert eine Ordenskirche gebaut und der Heiligen Maria geweiht. Der spätromanische Unterbau des Chorturms (um 1250) ist das älteste erhaltene Bauwerk in der Stadt. Die Marienkirche wurde später zum Deutschordensmünster Peter und Paul ausgebaut.
Der Deutschhof bildete ein eigenes Herrschaftsgebiet innerhalb der Stadtmauern der Reichsstadt Heilbronn. Die Gebäudegruppe entstand im Wesentlichen im 16. Jahrhundert und wurde im 18. Jahrhundert erweitert. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Deutschhof beim Luftangriff vom 4. Dezember 1944 weitgehend zerstört. Zwischen 1958 und 1977 wiederaufgebaut, folgen die heutigen Gebäude in etwa ihrer historischen Gestalt. Die Anlage befindet sich im Besitz der Stadt Heilbronn und beherbergt u.a. die Städtischen Museen und das Stadtarchiv Heilbronn mit seinem Haus der Stadtgeschichte, wo auch die Stauferstele steht.
Der lateinische Text auf der Basisplatte heißt: [Der Bildhauer] Markus Wolf machte [die Stauferstele] 2014.
Bauliche Zeugnisse der Stauferzeit
Der Bollwerksturm (links) geht auf die Stadtbefestigung in der Stauferzeit zurück. Er steht im Nordwesten der Altstadt beim Mercure Hotel Heilbronn, rechts im Bild ein Parkhaus. – Der Turm des Deutschordensmünsters St. Peter und Paul (Mitte) stammt von der ursprünglichen romanischen Deutschordenskirche, die der Heiligen Maria geweiht war. Die unteren drei Stockwerke bis zu dem Rundbogenfries unterhalb des Stockwerks mit den Steinquadern sind noch aus der Zeit um 1225 erhalten geblieben und gelten als das älteste Bauwerk von Heilbronn. Im seinem Inneren befindet sich ein Turmchor mit romanischem Altar und Kreuzgewölbe (s.u.). – Auf dem etwa zwei Kilometer nördlich gelegenen Wartberg wurde im 12. Jahrhundert der Wartbergturm (rechts) als Wachturm angelegt. Die Stange gehört zu einer Lichtinstallation des niederländischen Künstlers Jan van Munster aus dem Jahr 2002.
Im Innern des Turmchors des Deutschordensmünsters (s.o.): Die Kreuzrippen enden an der Decke in einem Schlussstein mit einem vierblättrigen Ornament, das eine Rankenwerk umgibt. Die Decke kann durchaus schon von Anfang an mit runden Scheiben mit fünfblättrigen Blüten dekoriert gewesen sein, die heutige Bemalung ist allerdings jüngeren Datums. – Der Stipes (Unterbau) des Altars stammt ebenfalls aus der Entstehungszeit des Chors um 1225. Seine Brüstungsfelder sind mit vierpassförmigen Blenden versehen. Die kunstvollen Kapitelle der drei Säulen sind mit einem Blattfries verbunden.
Einweihung der Stele. – Senator Otto Rettenmaier (* 28.7.1926), Büste im Haus der Stadtgeschichte.
Nach der Enthüllung: Im Vordergrund OB Helmut Himmelsbach (links), Lore und Otto Rettenmaier mit Barbara Weingart, EU-Kommissar Günther Oettinger (rechts). Susanne Rettenmaier steht verdeckt hinter Lore Rettenmaier, Otto Maximilian Rettenmaier rechts hinter Otto Rettenmaier. Foto: Frank Müller-Thoma.
Stifter der Stauferstele
Barbara Weingart, Susanne Rettenmaier und Otto Maximilian Rettenmaier
zu Ehren ihres Vaters Otto Rettenmaier
Einweihung: 1. März 2014